Kein Schlussstrich: Kundgebung in Gedenken an İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides und Abdurrahim Özüdoğru

Samstag, 11.06.2022 | 12:00 – 12:30 Uhr | Fährplatz Osterdeich

Das Bündnis „Kein Schlussstrich Bremen“ lädt zum gemeinsamen Gedenken an İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides und Abdurrahim Özüdoğru ein. Am Samstag, den 11.06.2022 wollen wir an die Opfer der NSU-Mordserie und alle anderen Opfer und Betroffenen von rechter Gewalt erinnern.

Am 9. Juni 2005 wurde der damals 50-jährige İsmail Yaşar in seinem Imbiss an der Scharrer-Straße in Nürnberg vom NSU ermordet. Ismail Yaşar wurde 1955 in der Türkei geboren und kam im Alter von 23 Jahren nach Deutschland, da er als Kurde in der Türkei verfolgt wurde. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er einen Sohn und eine Tochter. Als Schweißer arbeitete İsmail Yaşar in verschiedenen Betrieben, bis er sich 1999 mit dem Imbiss in der Scharrer-Straße selbstständig machte. Kerem Yaşar, İsmail Yaşars Sohn, beschrieb seinen Vater als freundlichen, beliebten Mann. Nur wenige Tage nach dem Attentat hätte İsmail Yaşar sich nach 27 Jahren Arbeit zur Ruhe setzen wollen. Der rassistische Anschlag verhinderte dies. Auf den Mord an İsmail Yaşar folgten rassistische Ermittlungen durch Polizei und verdeckte Ermittler, die etliche Hinweise zu einem rassistischen Tatmotiv missachteten und stattdessen Angehörige schikanierten und kriminalisierten.

Theodoros Boulgarides wurde am 11. Juni 1964 in Triandafyllia im Norden Griechenlands geboren. 1973 kommt er im Alter von neun Jahren mit seiner Familie nach München. Dort absolviert er sein Abitur und schließt eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab. Er arbeitet jahrelang bei Siemens in der Mikrochipherstellung und später bei der Bahn als Fahrkartenkontrolleur. Bei Siemens lernt er auch seine spätere Frau Yvonne kennen. Die Beziehung geht nach 20 Jahren zu Ende, beide sind aber weiterhin befreundet. Mit Yvonne bekommt er zwei Töchter. Anfang Juni 2005 eröffnet er im Münchner Stadtbezirk Westend zusammen mit einem Geschäftspartner einen Schlüsseldienst. In diesem Geschäft wird er am 15. Juni 2005 vom sogenannten NSU ermordet. Theodoros Boulgarides wurde 41 Jahre alt. Er war das siebte Mordopfer des NSU und starb nur wenige Tage nach İsmail Yaşar. Heute hätte er seinen 58. Geburtstag feiern können. Die Ermittlungsbehörden ermitteln fast ausschließlich im privaten und geschäftlichen Umfeld von Theodoros Boulgarides – seine Familie und die seines Geschäftspartners leiden hierunter persönlich und ihr Leben und Fortkommen in Deutschland wurden nachhaltig geschädigt.

Am 13. Juni 2001 wurde Abdurrahim Özüdoğru im Alter von 49 Jahren in Nürnberg Langwasser vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ mit zwei Schüssen in den Kopf in seiner Schneiderei ermordet. Er war das zweite Opfer des NSU. Abdurrahim Özüdoğru wäre übermorgen 70 Jahre alt geworden. 1952 wurde er in der türkischen Stadt Yenişehir geboren und kam 1972 aufgrund seiner sehr guten schulischen Leistungen mit einem Stipendium aus der Türkei nach Deutschland. In Erlangen studierte er Maschinenbau. Abdurrahim Özüdoğru fand schnell Freund*innen und lernte während seines Studiums seine Frau kennen. Abdurrahim Özüdoğru hinterließ eine Tochter, Tülin Özüdoğru, die zum Zeitpunkt der Ermordung 19 Jahre alt war. Sie beschreibt ihren Vater als „lebensfrohen, fleißigen und offenen Menschen“. Er habe keine Feinde gehabt, er habe mit niemandem Streit gehabt.

İsmail, Theodoros und Abdurrahim hätten nicht sterben müssen. Sie sind auch Opfer des institutionellen Rassismus der Polizei und des Verfassungsschutzes. Alle Opfer des NSU und rechten Terrors – sie sind auch Opfer der Ignoranz der weißen Mehrheitsgesellschaft.

Deswegen möchten wir gemeinsam am 11.06.2022 um 12 Uhr auf dem Platz am Fähranleger am Osterdeich İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides und Abdurrahim Özüdoğru gedenken und die Forderungen der Hinterbliebenen und Angehörigen nach Aufklärung und Konsequenzen aufrecht erhalten. Wir wollen die gesellschaftliche Gleichgültigkeit durchbrechen und den Rassismus bekämpfen, der dem Terror den Boden bereitet. In den Behörden und der Bevölkerung. Wir erinnern an die Machenschaften von Geheimdiensten und Polizei, ihre bis heute enge Verstrickung mit der rechten Szene. Und: Wir dürfen die Opfer nicht vergessen und ihre Familien nicht allein lassen, niemals!

Mehr Infos unter: https://keinschlussstrichbremen.noblogs.org/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.