Verschwörungideolog*innen und Rechten entschlossen entgegen treten!

Aufruf des BBgR

Wöchentlich demonstrieren in Bremen zwischen 50 und 300 Menschen anlässlich der Corona-Pandemie. Die Organisator*innen und Teilnehmenden sind Teil der bundesweiten Querdenkenproteste.

Querdenken: Eine rechte Bewegung

Querdenken: Eine rechte Bewegung
Die Querdenkenbewegung ist bundesweit organisiert und in vielen lokalen Strukturen aktiv. Vor allem bei den Großdemonstrationen der Bewegung in Berlin und Leipzig agierten Neonazis, Reichsbürger und Reichbürgerinnen und rechte Hooligans offen und medienwirksam. Eine Abgrenzung zu diesen findet bei den Organisator*innen der Bewegung nicht statt. Die Beteiligung der extremen Rechten an den Querdenkenveranstaltungen ist kein schlechter Zufall, sondern ergibt sich aus den Inhalten der Bewegung.

„Bunte Mischung“ in Bremen?

In Bremen wird der Querdenkenprotest in den Medien oft als heterogen bezeichnet. Tatsächlich ist das Protestbild bisher nicht von offen auftretenden Rechten dominiert. Die Organisator*innen bemühten sich zumindest während der ersten Welle der Pandemie im Frühling, sich von rassistischen und neonazistischen Inhalten zu distanzieren. Es zeichnet sich jedoch immer weiter ab, dass sich inzwischen auch in Bremen nicht mehr distanziert wird, sondern Rechtsradikale aktiv mitarbeiten. Genauer betrachtet tummeln sich bei den Bremer Querdenkenkundgebungen neben Esoterikfans, Anthroposoph*innen und „besorgten Bürger*innen“ auch AfD-Politiker und Politikerinnen, Reichsbürger und Reichsbürgerinnen sowie einzelne Neonazis und rechte Hooligans. Von Beginn an dabei und gerne gesehen ist beispielsweise Christian Heinrich G. Der Reichsbürger macht regelmäßig Interviews mit den Veranstalter*innen und hat in seinen Livestreams schon mehrfach zum Mord an Antifaschist*innen aufgerufen. Ebenso trat am 7.11. auf ihrer Kundgebung am Osterdeich ein Sänger der Band „Bandbreite“ auf. Der Sänger und seine Band sind dafür bekannt, antisemitische Verschwörungsideologien mit ihren Texten zu verbreiten. Die Band ist auch schon bei Veranstaltungen der AfD aufgetreten. Die Behauptungen des Sängers, er sei Antifaschist, sind nicht nur deswegen haltlos.
Der fehlende ‚große‘ Zulauf von Reichsbürgern und Reichsbürgerinnen, Neonazis und rechten Hooligans liegt nicht daran, dass Querdenken Bremen weniger inhaltliche Überschneidungen bietet als die Ableger in anderen Städten. Die Inhalte sind hier und dort dieselben. Vielmehr ist die extreme Rechte in Bremen grundsätzlich schlechter aufgestellt als beispielsweise in Sachsen.Die geäußerten Inhalte auf den Kundgebungen sowie in der Telegram-Chatgruppe bedienen sich der gängigen Querdenken-Erzählungen. Der offensichtliche Konsens besteht aus der Leugnung beziehungsweise Verharmlosung der Pandemie und damit der Ablehnung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, der Konstruktion einer Verschwörung gegen die Bevölkerung und der Offenheit für eine Vielzahl an weiteren Verschwörungsideologien.

Antisemitismus als Welterklärung

Die Verharmlosung der Pandemie durch die Querdenkenbewegung geht einher mit vielfältigen Verschwörungsideologien, welche als die tatsächlichen Gründe der Infektionsschutzmaßnahmen verkauft werden. Diese bedienen sich einerseits an nicht so leicht zu erkennenden strukturellen aber auch offen antisemitischen Verschwörungsideologien und Erzählungen. So behaupten die Querdenken-Anhänger*innen hinter der Pandemie stünde die geheime Verschwörung einer einflussreichen Elite, die mit den Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie ihre politischen Ziele erreichen wolle. Die von den Querdenker*innen ausgemachten „politischen Ziele der Elite“ können sich durchaus widersprechen: während die einen Verschwörungsideolog*innen den nahenden Faschismus wittern, halten die anderen vermeintliche Bolschewiken für die Übeltäter*innen. Grundsätzlich bleibt die Annahme der Existenz einer geheimen, weltbeherrschenden Elite. Die historischen Parallelen zu antisemitischen „Bestsellern“ wie den „Protokollen der Weisen von Zion“ liegen auf der Hand und zeigen auf, dass die Querdenkenproteste mindestens strukturell, wenn nicht gar offen antisemitisch sind. Von strukturellem Antisemitismus wird gesprochen, wenn sich der Hass zwar nicht unmittelbar gegen Jüdinnen und Juden richtet, die Erklärungs- und Denkmuster einander jedoch gleichen. Offen antisemitisch wird es nicht zuletzt dann, wenn ganz konkret Jüdinnen und Juden wie beispielsweise George Soros als Teil der Verschwörung gesehen werden. Gleiches gilt für die Verharmlosung des Holocausts / der Shoah. So wurden in einem Redebeitrag am 7. November Menschen, die keine Masken tragen oder sich nicht impfen lassen möchten, mit Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus gleichgesetzt. Zudem wurden Ärtzt*innen, die Impfungen durchführen, von den Querdenker*innen auf eine Stufe mit dem SS-Lagerarzt von Auschwitz-Birkenau Josef Mengele gestellt. Dies verharmlost den industriellen Massenmord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus. Es ist eine maßlose Respektlosigkeit gegenüber Opfern, Überlebenden und ihren Nachkommen. Diese Rhetorik, auch wenn das auf den ersten Blick nicht naheliegt, schließt nahtlos an extrem rechte Positionen an. Sie ist keine Ausnahme, sondern die Regel bei den Querdenkenprotesten. Neben diesen Erzählungen finden weitere rechtsradikale Verschwörungsideologien (QAnon, Reichsbürger und Reichsbürgerinnenbewegung etc.) Anklang im Querdenkenmilieu. So wird Querdenken zum idealen politischen Agitationsfeld für die extreme Rechte.

Die Pandemie ist real
Corona gefährdet uns alle: vor allem ältere Menschen und jene mit Vorerkrankungen. Doch auch alle anderen Menschen können einen schlimmen Krankheitsverlauf erleiden und im schlimmsten Fall an Corona sterben. Auch während der aktuellen Einschränkungen im Gastronomie- und Freizeitbereich füllen sich die Intensivstationen in Deutschland. In vielen anderen Ländern ist die Situation noch wesentlich dramatischer. Wir brauchen eine solidarische Grundhaltung gegenüber den Risikogruppen sowie einen Blick dafür, dass der Virus und die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus nicht alle gleichermaßen hart treffen. Wie bereits im Frühjahr müssen Geflüchtete weiterhin in Massenunterkünften wohnen und auch in Bremen sind die Stadtviertel der unteren Einkommensklassen, in denen Wohnraum eng belegt und der öffentliche Nahverkehr voll ist, weitaus stärker von der Pandemie betroffen als die wohlhabenden Wohngegenden. Wir brauchen eine kritische Zivilgesellschaft, die trotz Anerkennung der Krisenrealität die konkreten Maßnahmen des Senats hinterfragt. Die neoliberale Variante der Pandemiebekämpfung, in welcher die Wirtschaft weiter läuft während private Kontakte und Freizeitmöglichkeiten weitgehend verboten sind, muss klar zurück gewiesen werden.

Gemeinsam den Rechten entgegen
Wir rufen zu Protesten gegen Querdenken auf, doch können und wollen wir die Pandemie nicht außer Acht lassen. Wir müssen aufeinander aufpassen und auch bei den Protesten auf vermeidbare Kontakte verzichten. Dies heißt für uns, dass wir zwischen uns Abstand halten, Masken tragen und in konkreten Situationen zwischen der Dringlichkeit unseres Protestes und der damit einhergehenden Ansteckungsgefahr abwägen.Erst recht, wenn Querdenken Bremen für den 5. Dezember bundesweit nach Bremen mobilisiert gilt Vorsicht. Spätestens bei dieser Veranstaltung wird in Bremen der rechte Kern der Bewegung zutage treten. Schützt euch, schützt andere – kein Meter für Querdenken!

Lasst uns den Verschwörungideolog*innen und Rechten in den kommenden Wochen vehement, entschlossen und solidarisch entgegen treten.

Bremer Bündnis gegen Rechts
checkt bremen.gegenrechts.org

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