Mitten in Hamburg steht immernoch die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis. Ein berüchtigtes Gebäude, welches seit seiner Inbetriebnahme als Gefängnis 1881 unverändert für einige der grausamsten Dinge steht, die Menschen Menschen anzutun imstande sind.
Doch dieser Knast ist ebenso lange auch Schauplatz und Kristallisationspunkt von Solidarität und Widerstand. Immer wieder wurden hier Menschen eingesperrt, die im Kontext sozialer Kämpfe dem Staat im Weg waren. In den letzten zwei Jahren fanden zum Beispiel fast regelmäßig Kundgebungen vor der UHA statt, weil dort im Zuge des sogenannten Parkbank-Verfahrens zwei Gefährt*innen eingesperrt waren.
Unsere Gefährt*innen berichteten stets, wie sehr sich hinter Gittern über diese Anteilnahme und die kämpferische Positionierung gegen das Gefängnis als Ganzes gefreut wurde. Der Knast soll vereinzeln, verängstigen, isolieren und die Kundgebungen haben diese Auswirkungen effektiv unterlaufen, waren ein Lichtblick im grauen Knastalltag und haben den Gefangenen den Rücken gestärkt.
Die Solidarität, Freundschaft und Zärtlichkeit, die in den Kundgebungen zum Ausdruck kamen, haben Eindruck hinterlassen und inspiriert.
Die Bedingungen im Knast sind während der Pandemie noch beschissener geworden.
Wurden zu Beginn der Pandemie in einigen Bundesländern Menschen entlassen, die beispielsweise wegen nicht bezahlter Geldstrafen in Ersatzhaft saßen, herrschte ziemlich bald wieder Normalbetrieb – abgesehen eben von den nun noch schwierigeren Haftbedingungen, die dem Infektionsschutz dienen sollen.
In der Untersuchungshaftanstalt heißt das derzeit eine zweiwöchige Quarantäne ohne frische Kleidung oder regelmäßiges Duschen. Es gibt eine sogenannte „Coronastation“ für positiv getestete Gefangene und als zum Beispiel eine Abteilungsleiterin positiv getestet wurde, bedeutete das Quarantäne-Einschluss für insgesamt 25 Gefangene. Hier wird klar, dass schon das Einhalten von Abständen und vernünftige Hygiene im Gefängnis schlicht nicht möglich sind.
Gerichtsverhandlungen fallen aus, Entscheidungen zögern sich immer wieder heraus, Besuche finden nur noch deutlich eigeschränkt und hinter Trennscheibe statt.
Die Liste an mit dem Infektionsschutz begründeten Schikanen ließe sich lange fortführen – und es ist klar, dass es hier nicht um die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Gefangenen geht, sondern um ein möglichst effizientes Funktionieren des Gefängnisses. Die Aufrechterhaltung von Macht und Kontrolle wird gegen alle Widerstände über die Würde der betroffenen Gefangenen gestellt.
Insbesondere unter diesen Bedingungen ist es wichtig, die Gefangenen nicht zu vergessen. Der Knast ist die letzte Instanz des Staates um diejenigen in die Schranken zu weisen, die nicht im Sinne von Recht und Gesetz funktionieren können oder wollen.
Die Unterdrückungsmechanismen, die diese Welt prägen, wirken im Gefängnis umso stärker und sichtbarer – so ist es zum Beispiel kein Zufall, dass der weit größte Teil der Inhaftierten nicht weiß ist oder einen deutschen Pass besitzt.
Niemals haben Gesetze und Strafen irgendwelche sozialen Probleme gelöst – sie existieren, um die Privilegien derer zu schützen, die von Unterdrückung und Ausbeutung profitieren.
Ein Kampf gegen eine Welt, die auf Konkurrenz, Ausbeutung und Unterdrückung beruht muss sich deswegen immer auch gegen die Einsperrung richten.
Am Sonntag, den 30.05. wollen wir ab 15 Uhr mit euch vor der Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis den Gefangenen zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Für eine Welt ohne Knäste und Grenzen.