Über 100 Personen sind am 16. Juli dem Aufruf des Bremer Bündnis gegen Preiserhöhungen gefolgt und in Bremen-Vegesack gegen die steigenden Preise auf die Straße gegangen. Die Basisgruppe Antifa hat folgenden Redebeitrag gehalten:
Die Preise steigen nicht, sie werden erhöht!
Dass die Preise von Brot über Mieten, Strom und Gas bis zur Zahnpasta steigen und steigen, ist längst keine Neuigkeit mehr. Wer soll sich das noch leisten, werden sich viele fragen?
Es heißt, die Preise steigen, weil Russland gegen die Ukraine krieg führt, weil das Gas teurer werde, weil kein Getreide mehr aus der Ukraine exportiert würde oder die Corona-Pandemie die weltweite Logistik getroffen habe – die Liste der Gründe ist lang… alle diese Dinge benennen jedoch nur einzelne Auswirkungen auf die Preisentwicklung, die zusammengenommen für uns einen riesengroßen Schlamassel bedeuten. Der eigentliche Grund, warum sich die Preise erhöhen, bleibt bei diesen Erzählungen außen vor. Die Preiserhöhungen sind gleichzeitig Profiterhöhungen. Unternehmen erhöhen massenhaft die Preise, um mehr Gewinne zu erzielen. Zwar steigen die Produktionskosten durchaus, aber lange nicht in dem Maße, wie es uns vermittelt werden soll. Letztenendes ist die Ursache der Misere eben nicht einfach ein Krieg oder irgendein plötzlicher Mangel. Es ist die kapitalistische Produktionsweise, die die Unternehmen zur Gewinnsteigerung drängt. Die aktuelle politische Lage erlaubt dabei, dass sich die Profitsteigerungen als logisches Resultat der aktuellen Umstände verkaufen lassen. Damit wird uns suggeriert, dass wir an den steigenden Lebensmittelpreisen und der drohenden Nebenkostennachzahlung leider nichts ändern können.
Doch (die gestiegenen) Preise sind nicht vom Himmel gefallen – sie entspringen der Form unserer Gesellschaft, die uns um vermeintlich knappe Güter wetteifern lässt, im Zweifel auch ums Verrecken. Das heißt aber auch, dass sie menschengemacht, und damit von Menschen verändert werden kann. Doch gerade da liegt aktuell der Hase im Pfeffer: Wenn man sich in den letzten Wochen in Medien & Politik umgehört hat, sind es z.B. beim Gas vor allem die Verbraucher*innen – also wir – diejenigen, die sich gefälligst einschränken sollen, damit die Lage nicht noch schlimmer wird. In den Gaskraftwerken wird gleichzeitig munter weiter Strom produziert, diesen Mai sogar in Rekordhöhe. Für den Herbst wird uns aber schon jetzt in Aussicht gestellt: Eine Runde frieren für die deutsche Industrie. Rosige Zeiten für diejenigen, die Decken und warme Pullover herstellen; wenn wir uns ihre Sachen denn werden leisten können. Als Lösung wird uns hier nur die persönliche Einschränkung angeboten.
So ähnlich sieht es auch an anderer Stelle aus, wenn richtig erkannt wird, dass die gesellschaftliche Produktion maßlos die ökologischen Grundlagen der Welt vernichtet. Die Lösung sollen wieder wir Verbraucher*innen liefern – der Einkauf bei Alnatura im Kampf gegen den Klimawandel. Wir sollen uns in Mäßigung üben, entweder indem wir auf Dinge verzichten oder die Waren derartig verteuert werden, dass wir sie uns nicht oder nur selten leisten können. Allen diesen Vorschlägen liegt die Annahme zugrunde, dass der Markt, auf dem wir alle als vereinzelte Individuen konkurrieren, es schon richten wird. Und es spielt überhaupt keine Rolle, ob die einen ihn lieber möglichst unreguliert oder aber staatlich gesteuert wollen. Schon der Grundgedanke ist falsch und beraubt uns der Möglichkeit einer gesamtgesellschaftlichen Lösung. In diesem System geht es nicht um unsere Bedürfnisse, sondern Steigerung der Profite. Dargestellt wird das unternehmerische Interesse als ein gesamtgesellschaftliches. Wir fordern aber: runter mit den Preisen!
Wir müssen deswegen unsere Wut gegen die Preiserhöhungen auf die Straße bringen. Die Preise werden erhöht, um die Interessen von Unternehmen zu befriedigen. Wir halten dem entgegen: Euer Profit ist nicht unser Interesse! Auch höhere Löhne werden daran nur oberflächlich etwas ändern. Die gibt es nämlich nur in den Bereichen, in denen der Bedarf nach Arbeitskräften noch so hoch ist, dass hier Forderungen gestellt werden können. Die Bundesregierung versucht aktuell händeringend, höhere Lohnforderungen möglichst im Keim zu ersticken, weil es nun mal die Aufgabe des Staates ist, das grundsätzliche Funktionieren, wie wir es beschrieben haben, zu gewährleisten…Wir sind solidarisch mit allen Kolleg*innen, die sich bereits aktuell oder zukünftig in Lohnkämpfen befinden, weil Lohnkämpfe ein Mittel sind, um die Folgen der Preiserhöhungen zu mindern, wenn sie denn auf Kosten der Unternehmensgewinne gingen. Aber wir müssen uns auch gemeinsam gegen höhere Preise stellen, damit auch die Lage derjenigen, die sich nicht durch Arbeitskämpfe wehren können, verbessert wird. Am Ende gilt: Die Märkte regeln einen Scheiß für uns. Wir sollten uns nicht als kapitalistische Marktsubjekte organisieren, sondern genau gegen Markt und Kapital, um die Bedürfnisse der Menschen global befriedigen zu können. Diese Kundgebung kann dafür ein Auftakt sein. Wir unterstützen deswegen das Bündnis gegen Preiserhöhungen, weil es zunächst einer Bewegung bedarf, die die Interessen von unten ausspricht und sich dabei nicht auf die Interessen von Staat, Nation, Kapital bezieht. Eine Bewegung, die es überhaupt wieder denkbar macht, dass der jetzige Zustand so aufzuheben ist, dass eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen den Zweck bilden möglich ist. Diese Bewegung nennen wir Kommunismus.
Staat, Kapital, Preise – Scheiße!
checkt basisgruppe-antifa.org