Aufruf zum Vorbereitungstreffen für eine
internationalistische revolutionäre 1. Mai Demonstration in Bremen
Mittwoch, 16.01.2019 | 19 Uhr | Paradox
Der 1. Mai ist für Revolutionär*innen in vielen Ländern ein wichtiger Tag, um der eigenen Geschichte und den Kämpfen der Arbeiter*innenbewegung zu gedenken, zusammen zu kommen und sich miteinander zu solidarisieren und die eigenen Kämpfe gemeinsam auf die Straße zu tragen. Weltweit fanden deshalb und finden vielerorts noch immer am 1. Mai große kämpferische Demonstrationen statt.
Anders als in vielen Ländern und in manch anderen Städten in der BRD wird der Charakter des 1. Mai in Bremen seit Jahren weitgehend von den offiziellen Gewerkschaftsapparaten und Parteien und den Reden ihrer Funktionär*innen bestimmt. Eine klare Kritik am Kapitalismus und kämpferische Perspektiven sind auf der Bühne entsprechend nur selten zu hören – als gute Sozialpartner haben sich die DGB-Gewerkschaften und bürgerlichen Parteien schon lange mit dem Kapitalismus angefreundet und zu seiner Weiterentwicklung beigetragen.
Einige der Akteure, die sich alljährlich in Bremen am 1. Mai als Nachfolger kämpferischer Arbeiter*innen präsentieren, haben im gesamten Prozess der Verschlechterung der sozialen Lebenssituation zugunsten der kapitalistischen Profitmaximierung eine wichtige Rolle gespielt.
So wurde Hartz IV, Leiharbeit, die Privatisierung von kommunalen Wohnungsgesellschaften etc. von der traditionell von vielen Arbeiter*innen gewählten SPD durchgesetzt oder wesentlich mitgetragen.
Ebenso Kriegseinsätze wie im Kosovo und eine zunehmend imperialistische Außenpolitik, die auf enge politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Staaten wie Türkei, Iran, Ägypten, Israel oder Saudi-Arabien setzt und dadurch wesentlich zur Stabilisierung von reaktionären und autoritären Regierungen und Regimen beiträgt.
Auch der DGB hat zu diesem Prozess beigetragen. Einige neuere Beispiele sind die Gesetzesinitiative zur Tarifeinheit, die der DGB zusammen mit dem Arbeitgeberverband auf den Weg gebracht hat, um das Streikrecht einzuschränken oder die Tarifabschlüsse des DGB zu Leiharbeit, die seit Jahren Equal Pay verhindern. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, wo Gewerkschaften oder Betriebsräte in konkreten betrieblichen Auseinandersetzungen die Interessen der Unternehmen gegenüber denen der betroffenen (häufig prekär) Beschäftigten bevorzugt haben. Mit dem nationalistischen Fokus auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, dem Abschluss immer ausdifferenzierterer Tarifverträge und der Rücksicht auf die Interessen der Wirtschaft haben die DGB-Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten wesentlich zur Spaltung der Arbeiterinnen und Arbeiter und dem Rückgang von Klassenbewusstsein beigetragen. Die Entscheidung der Organisator*innen der letzten 1. Mai Demo in Bremen, den Vize der Gewerkschaft der Polizei als Hauptredner einzuladen, zeigt mehr als deutlich, auf welcher Seite sich der Apparat verortet und ist ein Schlag in das Gesicht all derjenigen, die auf 1. Mai Demonstrationen oder in Arbeitskämpfen aufgrund von Polizeigewalt verletzt wurden oder ihr Leben verloren haben.
Die Auswirkungen dieser unternehmensfreundlichen Politik sind auch in Bremen spürbar: In kaum einem anderen Bundesland leben so viele Menschen unter prekären Arbeits- und Lebensbedingungen. In der Logistik-Hochburg Bremen florieren nicht nur Leiharbeit sondern auch viele andere Arbeitsverhältnisse, die sich durch niedrigen Lohn, hohe Arbeitsbelastung, viele Überstunden und gesundheitsschädigende Bedingungen auszeichnen. Zur selben Zeit müssen sich aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit viele Menschen tagtäglich mit dem Jobcenter herumschlagen oder trotz Arbeit beim Amt aufstocken. Die steigenden Mieten verschlucken einen immer größeren Teil des Lohnes oder der Rente – in manchen Stadtteilen können sich viele Menschen schon lange keine Wohnung mehr leisten. Von diesen Bedingungen (und den Folgen der imperialistischen Außenpolitik) sind besonders Migrant*innen betroffen. Sie stehen häufig unter dem besonderen Druck für ihren Aufenthalt einen Arbeitsvertrag vorweisen zu müssen und sind auf allen Ebenen dem wachsenden Rassismus ausgesetzt. Am härtesten trifft es dabei Frauen. Sie tragen nach wie vor den Großteil der Reproduktionsarbeit auf ihren Rücken und müssen nicht selten patriarchale Gewalt erleiden. Zudem arbeiten sie häufig in besonders schlecht bezahlten und flexiblen Arbeitsverhältnissen.
In den letzten Jahren konnten wir mitverfolgen, wie die wachsenden sozialen Probleme, die daraus folgende Angst, Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit und der Frust über die herrschende Politik immer mehr Menschen dazu gebracht hat, sich reaktionären Ideologien und Bewegungen jeglicher Nationalität zuzuwenden.
Dem Aufschwung rechter und reaktionärer Bewegungen und dem zerstörerischen kapitalistischen System und seinen immer weitreichenderen Auswirkungen auf unsere Leben, unsere Beziehungen und die ökologische Grundlagen werden wir als Revolutionär*innen nur etwas entgegen setzen können, wenn wir unsererseits eine radikale emanzipatorische Alternative aufzeigen.
Unser Zuhause sind die alltäglichen Kämpfe von unten und nicht die selbstgefälligen Reden von Funktionär*innen. Unsere Aufgabe ist es nicht, die „bürgerliche Demokratie“ und ihre sozialpartnerschaftlichen Institutionen gegen ihre Feinde von rechts zu verteidigen, sondern eine grundlegende Kritik an diesem System in die Gesellschaft zu tragen. Unser Ziel ist es nicht, über Menschen zu sprechen und über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden, sondern eine Bewegung von unten zu stärken, in der wir uns gemeinsam mit all denjenigen organisieren, die tagtäglich unterdrückt und entrechtet werden.
Als revolutionär denkende und handelnde Menschen ist der 1. Mai ein Tag, an dem wir auf die Straße gehen werden. Die offizielle 1. Mai-Feier und Demonstration in Bremen ist für uns aus den genannten Gründen jedoch nicht der richtige Ort.
Wir sind der Meinung, dass sich der 1. Mai wieder von denjenigen angeeignet werden sollte, die von den verschiedenen Unterdrückungsverhältnissen betroffen sind, sich in ihrem Alltag dagegen wehren und für eine emanzipatorische Gesellschaft kämpfen oder kämpfen wollen.
Ihre Stimmen, Perspektiven und Geschichten stehen bei einer internationalistischen revolutionären 1. Mai Demonstration im Mittelpunkt.
Wir laden deshalb all diejenigen herzlich zu einem ersten
Vorbereitungstreffen ein, die eine internationalistische revolutionäre 1. Mai Demonstration in Bremen ebenfalls für nötig halten und daran glauben, dass eine außenparlamentarische Bewegung von unten wichtig und möglich ist. Die Einladung richtet sich insbesondere an linke migrantische Organisationen und Einzelpersonen, deren Beteiligung wir für zentral halten.
Wir, das sind Revolutionär*innen aus unterschiedlichen Ländern, die in Bremen leben und hier in sozialen und politischen Kämpfen aktiv sind.
kollektiv Bremen
„Arme Said“
„nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“
Dagegen gibt es keine heilung.
„Die Einladung richtet sich insbesondere an linke migrantische Organisationen und Einzelpersonen,“
Aus der Rassismusdebatte der letzten Jahren hat auch nichts gelernt, wer Linke nach ihrer (vermeintlichen) Herkunft sortiert….
„eine zunehmend imperialistische Außenpolitik, die auf enge politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Staaten wie Türkei, Iran, Ägypten, Israel oder Saudi-Arabien setzt“
Aus der Antisemitismuskritik der letzten Jahre leider nichts gelernt …
Man mag ja zur israelischen Regierung alles mögliche meinen, aber die einzige Demokratie im Nahen Osten so einfach gleichzusetzen mit autoritären Regimen geht einfach gar nicht.