Alice Weidel am 16.3. in Ritterhude

2016 mietete die Alternative für Deutschland erstmals das Hamme-Forum an. Die Gemeinde versuchte alles, um das zu verhindern. Vergeblich. Nun plant die AfD ein Frühlingsfest in Ritterhude.

Die AfD kehrt nach Ritterhude zurück. Die Partei plant eine Vortragsveranstaltung mit anschließendem Frühlingsfest im Hamme-Forum für den 16. März. Es wird die erste Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) seit Juni 2016 sein.

Damals hatte der Kreisverband Osterholz / Verden der AfD die damalige Parteivorsitzende Frauke Petry für einen Vortrag an selber Stelle gewinnen können. Ihr Besuch hatte im Vorfeld für einigen Wirbel in Ritterhude gesorgt. Die Partei hatte sich ihren Auftritt im Hamme-Forum per Eilverfahren vor Gericht erstreiten müssen. Diesmal nehmen Ritterhudes Verwaltung und Politik die Pläne der Rechtspopulisten deutlich gelassener zur Kenntnis.

Selbstverwaltungsrecht und Chancengleichheit
2016 hatten Regine Schäfer, die Geschäftsführerin der Ritterhuder Tourismus- und Veranstaltungen GmbH, als Pächterin des Hamme-Forums, und Bürgermeisterin Susanne Geils als Hausherrin der AfD mit dem Hinweis auf eine andere, zeitgleich stattfindende Veranstaltung abgesagt. Konkret ging es um eine Filmvorführung als Einstimmung auf die Fußball-EM. Die AfD wandte sich daraufhin an das Verwaltungsgericht in Stade und bekam Recht: „Bei der Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechtes hat die Gemeinde den Grundsatz der Chancengleichheit von politischen Parteien zu beachten“, begründeten die Richter ihre Entscheidung.

Im Nachgang zu der Veranstaltung empfahl die Ritterhuder Verwaltung dem Rat, den Widmungszweck des Hamme-Forums dahingehend zu ändern, dass Parteien und politische Organisationen – und damit auch die AfD – künftig nicht mehr die Räume des Hamme-Forums anmieten können. Darauf angesprochen erklärt Ute Marquardt, Stellvertreterin der Ritterhuder Bürgermeisterin, nun der Redaktion: „Die Widmung wurde nicht geändert.“ Die Politik habe sich damals dagegen entschieden. „Wir stehen damit vor demselben Problem wie 2016, als Bürgermeisterin Susanne Geils sehr mutig reagiert hat.“ Noch einmal werde sie wohl nicht so vorgehen, sagt Marquardt.

„Mit AfD politisch auseinandersetzen“
Es wäre auch nicht im Sinne der Ratsmitglieder. „Das würde ich heute nicht wollen“, sagt etwa Waldemar Orthmann (FDP) auf Nachfrage der Redaktion. Die AfD sei schließlich eine demokratische Partei. Ihr die Nutzung des Hamme-Forums zu verwehren, sei undemokratisch und komme daher nicht infrage. Wer die AfD hören wolle, solle hingehen und sich ein eigenes Bild von ihr machen. Das sieht Jürgen Ahlers von der Bürgerfraktion, die mit der FDP eine Gruppe im Ritterhuder Rat bildet, ähnlich. „Mit der AfD muss man sich politisch auseinander setzen.“ Im Kreistag sei sie bereits mit vier Mandatsträgern vertreten. „Und bei der nächsten Kommunalwahl wird sie wohl auch in Ritterhude antreten“, vermutet er. Grundsätzlich sei er kein Freund der AfD, aber durch Ausschluss könnte man ihr nicht begegnen.

„Ich fand es schon 2016 schwierig, die Nutzung des Hamme-Forums durch eine Änderung der Widmung nachträglich einschränken zu wollen“, sagt André Hilbers (Grüne). Die Räume seien schon oft von anderen Parteien angemietet worden. Der AfD diese Möglichkeit zu untersagen, spiele ihr in die Karten, verschaffe ihr zusätzliche Aufmerksamkeit und mache sie zum Märtyrer. „Ich hätte es damals gut gefunden, wenn wir nicht nur gegen Petrys Besuch demonstriert hätten, sondern unsere eigene große Gegenveranstaltung im Rathaus gemacht hätten – nach dem Motto ‚Ritterhude ist bunt’“, sagt Hilbers.

Die Nutzungsrechte des Hamme-Forums zu ändern, lehne er ab. Das sei rechtlich nur möglich, wenn keine Partei mehr die Räume für ihre Veranstaltungen nutzen dürfe. „Das wäre schlecht; dann würden wir uns selbst aus der Öffentlichkeit zurückziehen.“ Etwas, das seiner Meinung nach der AfD sogar nutze. „Deshalb bin ich dazu nicht bereit; dann hätte ich das Gefühl, die AfD habe am Ende doch gewonnen.“

„Das müssen wir nun aushalten“
Jürgen Kuck (SPD) wäre froh, wenn die AfD sich nicht erneut Ritterhude als Veranstaltungsort ausgesucht hätte: „Aber das müssen wir nun aushalten.“ Das Hamme-Forum für alle politischen Veranstaltungen zu sperren, hält er genau wie Hilbers für falsch. „Das schießt über das Ziel hinaus“, findet er. Einen Weg, wie nur bestimmte Parteien aus dem Hamme-Forum rausgehalten werden könnten, sieht er ebenfalls nicht. Das sei rechtlich schwierig und immer anfechtbar. „Das Hamme-Forum hätte bereits so gewidmet werden müssen“, meint er. Heißt: Bei seiner Inbetriebnahme hätte festgelegt werden müssen, dass nur Parteien und politische Organisationen, die im Rat der Gemeinde sitzen, die Räume des Hamme-Forums anmieten dürfen. Doch die Chance dazu habe die Gemeinde verpasst. Das hätte Ende 1999 / Anfang 2000 passieren müssen, als nach sechsmonatigem Umbau die Mehrzweckhalle zum Veranstaltungszentrum wurde.

Eintrittskarten kosten 20 Euro
Die AfD hat also erneut das Hamme-Forum angemietet. Diesmal erwartet der Kreisverband die AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel, die niedersächsische AfD-Fraktionschefin Dana Guth sowie den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion in Niedersachsen, Klaus Wichmann, als Gastredner ab 15 Uhr (Einlass ab 14 Uhr). Für das um 19 Uhr beginnende Frühlingsfest wird um Anmeldung gebeten. Die Karten dafür kosten 20 Euro.

Auf Nachfrage der Redaktion teilt die Polizei Verden/Osterholz mit, dass sie sich auf die Veranstaltung der AfD in Ritterhude vorbereite und von Gegen-Demonstrationen ausgehe.

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