Beim Auswärtsspiel des SV Atlas gegen den TB Uphusen trug Ratsherr Rainer Kutz (AfD) ein ganz besonderes Sweatshirt: ein Shirt mit Namensaufdruck der rechtsextremen Hooligangruppierung Borussenfront, die in den 1980er Jahren von Neonazi Siegfried Borchardt (genannt SS-Siggi) gegründet wurde und die auch Hetzjagden auf Ausländer verübte. Während Kutz sagt, das Tragen des Shirts habe nichts zu bedeuten, zeigen sich Ratskollegen entsetzt. Auch die Stadtverwaltung hält das Tragen für problematisch. Pikantes Detail: Ab dem 1. Oktober ist Kutz als Vorsitzender des Ratsausschusses 1 auch für die öffentliche Sicherheit zuständig.
Beim Auswärtsspiel des SV Atlas am 15. September trug Ratsherr Rainer Kutz ein Sweatshirt mit dem Aufdruck „Borussenfront Dortmund Alte Garde“. Fotos davon gibt es in einem Bilder-Posting vom Spiel in der öffentlich einsehbaren Facebookgruppe „SV Atlas Delmenhorst von 1973 e.V.“
Berüchtigte Borussenfront
Die Borussenfront ist eine berüchtigte, gewalttätige rechtsextreme Hooliganvereinigung, die 1982 von dem Neonazi Siegfried Borchardt (genannt SS-Siggi) gegründet wurde und die auch durch Hetzjagden auf Ausländer bekannt wurde.
Kutz: „Das hat keine Bewandtnis“
Nachfrage bei Rainer Kutz, wie es zum Tragen des Shirts kam: „Das hat keine Bewandtnis“, behauptet er auf Nachfrage. Kutz streitet nicht ab, das Shirt getragen zu haben. Ein Kollege von ihm habe es bei ihm liegen gelassen und er, Kutz, habe es einfach angezogen. „Ich stehe der Borussenfront nicht nahe“, behauptet Kutz, der die Organisation kennt.
„Das bringt die Stadt und die Fans in Verruf“
Doch kann man tatsächlich ein Shirt tragen, ohne die Werte dahinter zu verkörpern? Nein, dieser Ansicht ist Kristof Ogonovski, Fraktionsvorsitzender der Delmenhorster CDU. Auf Nachfrage sagt er: „Das bestätigt den Eindruck, den man von Teilen der AfD-Fraktion hat“, sagt er. „Herr Kutz bringt damit die Stadt und auch die Atlas-Fans in Verruf.“
Ratsvorsitzende: „Das ist ein Hammer!“
Auch die Ratsvorsitzende Gabi Baumgart (SPD) ist geschockt. „Das ist ein Hammer“, sagt sie auf Nachfrage. „Wir müssen gucken, wie wir damit umgehen. Das Thema wird auf jeden Fall im nächsten interfraktionellen Gespräch thematisiert werden.“ Auch Murat Kalmis, Fraktionsvorsitzender der FDP zeigt kein Verständnis für das Verhalten von Kutz: „Wenn man ein solches Shirt trägt, zeigt man seine Sympathie damit.“ Bereits 2016 war Kutz durch problematische Fankleidung aufgefallen.
Kutz bald wohl zuständig für öffentliche Sicherheit
Besonders pikant an der Sache ist: Ab Oktober wird Rainer Kutz, der auch einen Sitz im für die Ratspolitik wichtigen Verwaltungsausschuss hat, aufgrund eines Neuzuschnitts der städtischen Ratsausschüsse bald wohl nicht nur den Vorsitz über den Ausschuss für Bürgerangelegenheiten haben, sondern damit zugleich auch für den Bereich „öffentliche Sicherheit“ als Ausschussvorsitzender zuständig sein. Ein Ausschussvorsitzender, der in seiner Freizeit ein Shirt mit Neonazi-Bezug trägt? Das erscheint manchem Demokraten sicher schwer erträglich.
Pragal: „Das ist grundsätzlich problematisch“Die Stadt Delmenhorst sei eine weltoffene, pluralistische Stadt, teilt die Stadtverwaltung auf Nachfrage zum Thema mit. „Daher sind die Mitgliedschaft oder die öffentlich zur Schau gestellte Sympathie mit einer Vereinigung wie der Borussenfront – aufgrund ihrer Historie und weil sie Verbindungen zur Partei „Die Rechte“ pflegt, bei der nach Erkenntnissen des Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung vorliegen – aus Sicht der Stadt grundsätzlich problematisch“, erklärt der Erste Stadtrat Markus Pragal.
Der Verwaltung scheinen die Hände gebundenSoweit durch das Tragen solcher Fankleidung keine einschlägigen strafrechtlichen Tatbestände erfüllt sind, ergebe sich kommunalverfassungsrechtlich allerdings keine Handhabe, da die Mitgliedschaft im Rat nur dann betroffen sei, wenn ein Ausschluss vom Wahlrecht von einem deutschen Gericht festgestellt wird oder öffentliche Anklage wegen eines Verbrechens erhoben wurde.
Der Rat kann nicht ablehnen
Die Verantwortung für das Verhalten einzelner Ratsmitglieder liege daher bei den Fraktionen, die die betreffenden Mitglieder in Ausschüsse entsenden. Der Rat sei bei der Ausschussbildung sowie der Verteilung der Ausschussvorsitze an die Vorschläge der jeweiligen Fraktionen/Gruppen gebunden und grundsätzlich nicht befugt ist, diese abzulehnen.
Das letzte Wort noch nicht gesprochen
Allerdings scheint es noch nicht gesichert zu sein, dass Rainer Kutz tatsächlich als Ausschussvorsitzender für die öffentliche Sicherheit zuständig sein wird. In der vergangenen Ratssitzung wurden aufgrund von personellen Wechseln im Rat eine Umbesetzung von einigen Ausschusspositionen beschlossen. Ursprünglich war Murat Kalmis für den Vorsitz des Ausschusses 1 vorgesehen und Rainer Kutz für den Umweltausschuss. Inzwischen gibt es Stimmen im Rat, die sich für eine entsprechende Umbesetzung einsetzen.
Shirt auch Thema beim SV AtlasNicht nur in der Politik, auch bem SV Atlas wird das Thema besprochen, wie der Vereinsvorsitzende Manfred Engelbart auf Nachfrage erklärt: „Der Verein bespricht sich derzeit auf Vorstandsebene. Wir werden in Kürze mitteilen, wie wir generell mit diesem Thema umgehen.“