Was geht eigentlich in Chile?

Der  Aufstand in Chile ist Topthema in der internationalen Presse, nun wurde sogar der Asien-Pazifik-Gipfel und der Klimagipfel abgesagt, beide Events sollten in der von den Ausschreitungen besonders „betroffenen“ Hauptstadt Santiago stattfinden. Die Medien berichten immer wieder von „Protesten“ gegen ungerechte Einkommensverteilung und Fahrpreiserhöhung. Wir indesssen bezweiflen das das Wort Protest geeignet ist um eine Verständnis von Ausmaß dieses Aufstands zu bekommen. Auch ein Blick auf die angewendeten Mittel und kollektiven Methoden ist interessant. Vor Beginn der Aufstände wurde z.B. ein Aufruf zur Sabotage des öffentlichen Nahverkehrs und zum kollektiven Schwarzfahren veröffentlicht. 78 Subway-Bahnhöfe, Züge, Ticketautomaten und eine unbestimmte Anzahl von Bussen wurden angezündet. Sogar der Hauptsitz der Verkehrsgesellschaft, ein vielstöckiges Hochhaus wurde niedergebrannt.

Am 2.11 wird es eine Solidemo in Hamburg geben.

Es gibt einen Aufruf zur Solidarität aus Griechenland.

Und ein Interview mit Anarchist*innen aus Chile.

Es folgt eine Analyse von Anarchist*innen aus Chile:

„In Chile herrscht derzeit ein von der rechten Regierung Sebastián Piñeras ausgerufener Ausnahmezustand, der das Ergebnis des Ausbruchs einer Revolte am Freitag, den 18. Oktober 2019 ist.

Dieser Text entstand aus dem Bedürfnis heraus den Gefährt*innen aus den verschiedenen Teilen der Welt die derzeitige Situation, wie sie in dieser Region erlebt wird, näherzubringen.

Wir geben hier wieder, was wir aus einer anarchistischen Perspektive für die relevantesten Punkte halten, um die derzeitigen Ereignisse bekannt zu machen und zu ihrem Verständnis beizutragen.

Vorspiel: Der Kampf der Jugend und der Funken, der das Feuer entfachte

Nach einer Woche des massenhaften Schwarzfahrens mit der U-Bahn im Vorfeld der Fahrpreiserhöhungen, das besonders von Student*innen geprägt war, folgten zahlreiche Akte individuellen und kollektiven Ungehorsams, die in der Zerstörung der Infrastruktur und Zusammenstößen mit Polizeikräften innerhalb und außerhalb der U-Bahnhaltestellen resultierten und die sich über verschiedene Stadtteile von Santiago ausbreiteten.

Am Freitag, den 18. Oktober war die Ausbreitung dieses massenhaften Schwarzfahrens und der Radikalitätsgrad, den diese Proteste entwickelten, von vielen nicht erwartet und von der Regierung unterschätzt worden, die zusammen mit ihren loyalen Journalist*innen und den Sozialwissenschaftler*innen bis heute nicht in der Lage dazu ist, zu erklären, warum diese Ereignisse zu einer Situation flächendeckenden Chaos führte, das bis zum heutigen Tag anhält.

Erster Akt: Ausbruch einer beispiellosen Revolte im Post-Diktatorischen Chile

Am Freitag, den 18. Oktober radikalisierte sich die Revolte in dem Moment, als es zu Zusammenstößen mit der Polizei kam und sich die Zerstörung kapitalistischer Infrastruktur in den Straßen der Santiagoer Innenstadt ausbreitete. Begonnen in den Außenbereichen des Regierungspalasts brauchten die Akte der Straßengewalt nicht lange, um sich bis spät in der Nacht in verschiedene Teile der Stadt auszubreiten.

Mit einer Situation allgemeiner Rebellion und weitschweifigem Chaos in zahlreichen Stadtteilen konfrontiert, waren die Polizeikräfte nicht in der Lage, den Ausbruch der Wut zu kontrollieren, der seither weite Teile einer Gesellschaft erfasst hat, die nicht länger schläft und die die Schnauze voll hat von der ganzen Unterdrückung und der Prekarisierung des Lebens, die in dem neoliberalen ökonomischen System und dem Polizeistaat, der in Chile während der jüngsten Zivil- und Militärdiktatur (1973-1990) installiert wurde, begründet liegen. Die Menschen haben auch die Schnauze voll den verschärften Lebensbedingungen und der Herrschaft, die sowohl von den Mitte-Linken und rechten Regierungen, die sich seit der Rückkehr zur Demokratie abgewechselt hatten, verschärft wurden.

Den Riots, die im Zentrum der Stadt begannen, schlossen sich später tausende von Menschen an, die in ihren Nachbarschaften demonstrierten und die als Form des Protests auf leere Töpfe schlugen, aber auch Riots, Brandstiftungen und Zerstörungen lostraten, die sich in zahlreichen attackierten, geplünderten und niedergebrannten Bussen, öffentlichen Gebäuden und Bürogebäuden ausdrückten und als wesentliches Element die dutzenden U-Bahnhöfe enthielten, die von Horden von Individuen bis spät in die Nacht voller Wut zerstört und in Brand gesteckt wurden.

Die Regierung zögerte nicht lange, bevor sie in Santiago den Notstand ausrief, einen Ausnahmezustand, der den Einsatz des Militärs auf den Straßen und den Einsatz bewaffneter Kräfte zur Wiederherstellung der Ordnung beinhaltet.

Dennoch breitete sich bereits eine massive, natürliche, unkontrollierbare und noch nie dagewesene Revolte in der post-diktatorischen Landschaft aus, die in der Praxis die Gehorsamkeit, Unterwürfigkeit und Angst auslöschte, die die Dekaden kapitalistischer Herrschaft in Chile den Menschen auferlegt hatten.

Zweiter Akt: Die Ausweitung des zerstörerischen Ungehorsams und der Beginn der Ausgangssperre

Am Samstag, den 19. Oktober wurden angesichts der anhaltenden und sich zuspitzenden Unruhen Militäreinheiten in verschiedenen Teilen der Stadt stationiert. Im Zentrum von Santiago und in den umliegenden Stadtteilen bewachte das Militär die Straßen, kommerzielle Gebäude und U-Bahnhöfe. Dennoch wichen die Demonstrant*innen aller Lager vor der Militärpräsenz nicht zurück und lehnten diese aufgrund der lebendigen Erinnerung der Repression, die sie wenige Dekaden zuvor während der Jahre der Diktatur erlitten hatten, allgemein ab.

Am gleichen Tag stieg die Anzahl der von Demonstrant*innen abgefackelten Busse, Autos und U-Bahnhaltestellen an. Zeitgleich gerieten die Plünderungen von Supermärkten und großen Einkaufszentren außer Kontrolle und das Bild von tausenden Menschen, die sich ihre Leben zurückeroberten, indem sie sich die Produkte aus den Zentren des Konsums griffen, wurde zu einem der lebendigsten Bilder dieser Tage der Revolution und war ein wichtiger Faktor für die von den Plünderungen und die Gewalt überforderte Regierung, in der gleichen Nacht eine Ausgangssperre in Santiago zu verhängen.

Ohne jedes Schamgefühl verkündeten der Präsident und der für die Stadt verantwortliche Militäroffizier den Medien die Beschränkung der „Bürger*innenrechte“, die an diesem Abend von 19 Uhr bis 6 Uhr des folgenden Morgens dauern sollte. Auch in dieser Nacht hielten die Demonstrationen, Riots, Plünderungen, Brandstiftungen und Konfrontationen mit den Repressionsorganen in der ganzen Stadt bis in die frühen Morgenstunden an.

Zwischen Samstag und Sonntag verbreitete sich der Funke der Wut sogar noch weiter und entzündete Massendemonstrationen und Szenen primitiver Gewalt in anderen Regionen des Landes, die einer neuen Bewegung allgemeinen Chaoses mit zahlreichen Akten der Rebellion und Riots in verschiedenen Städten den Weg ebneten. Sie legte in nur wenigen Tagen einen großen Teil der urbanen Infrastruktur durch Barrikaden, Vandalismus und Brandanschläge auf städtische Gebäude, Regierungsgebäude, Einkaufszentren und Gebäude der öffentlichen Medien in Schutt und Asche. Zu dieser Zeit hatte die Revolte sich bereits jeglicher spezifischer Forderungen entledigt, da sich Menschen mit diversen Hintergründen und von verschiedenen Orten auf den Straßen inmitten der Proteste und Riots gegenseitig fanden und einen gigantischen Riss in das neoliberale System Chiles und sein System kapitalistischer/ extraktivistischer [1] Ausbeutung, das das ganze Gebiet betrifft, sprengten.

Seit Sonntag, dem 20. Oktober erklärte die Regierung in den Städten, in denen Aufstände stattfanden, den Ausnahmezustand und verhängte Ausgangssperren, dennoch breiteten sich die Riots weiterhin entgegen der Verbote bis in die späte Nacht aus und zeigten, dass die Wut und Gewalt, die die Menschen gegen die herrschende Ordnung entfesselten, die Angst und Passivität, die seit Dekaden in großen Teilen der chilenischen Bevölkerung geherrscht hatte, gebrochen hatte.

Dritter Akt: Die Würde und der Kampf gegen die Strategie der staatlichen Repression

Seit Beginn des Ausnahmezustands verschärfte sich die staatliche Repression und verbreitete sich auch offen innerhalb der verschiedenen aufständischen Regionen.

Als Anarchist*innen wollen wir klarstellen, dass wir uns nicht in die Opferrolle begeben wollen, dennoch ist es immer gut, Informationen über die Strategien zu teilen, die die Herrschaft gegen die Aufständischen und die rebellische Bevölkerung im Allgemeinen anwendet.

Im derzeitigen Kontext umfasste das repressive Arsenal des chilenischen Staates folgendes:

  • Über 2000 Menschen wurden verhaftet und mehr als 15 Menschen wurden ermordet. Außerdem werden unzählige Menschen vermisst.
  • Der Beschuss von Demonstrant*innen mit verschiedenen Arten von Projektilen, darunter Tränengas, Gummigeschossen und andere Kriegswaffen, verletzt und tötet eine wachsende und unbestimmbare Zahl von Menschen auf den Straßen. Außerdem wurden Tiere und Menschen, die auf den Straßen leben, ebenfalls durch den Beschuss verletzt und getötet.
  • Physische und psychische Angriffe, sowie sexuelle Übergriffe und Folter gegen festgenommene Menschen auf öffentlichen Straßen, in Fahrzeugen und Polizeiwachen.
  • Entführungen von Menschen mit Polizeifahrzeugen und zivilen Fahrzeugen. Es kursierten Bilder von Menschen, die in den Kofferraum von Polizeifahrzeugen gesperrt waren.
  • Schüsse von hinten auf den Straßen gegen Menschen, denen die falsche Hoffnung gegeben wurde, dass sie einer Verhaftung entkommen könnten.
  • Gefälschte Genehmigungen, um Supermärkte zu plündern, die von Polizei und Militär erteilt werden und die in Verhaftungen und Ermordungen resultieren, die später zu Toten in Folge von Riots erklärt werden.
  • Feuer auf großen Firmengrundstücken, die von den Repressionsorganen gelegt wurden, damit die Firmen Geld von den Versicherung bekommen. In einigen dieser Feuer sind verbrannte Leichen entdeckt worden.
  • Menschen werden aus fahrenden Polizeiautos geworfen und dann erschossen.
  • Aufknüpfen der Körper getöteter Menschen auf unbebauten Flächen und Erhängung lebender Menschen in Polizeibarracken.

Die massive Nutzung von sozialen Netzwerken wie Instagram, Twitter und Facebook erlaubten die sofortige Verbreitung unzähliger audiovisueller Beweise der oben beschriebenen Situationen, die von sogenannten „alternativen“ Veröffentlichungsgruppen verbreitet werden, die den Kämpfen verbunden sind und die die von der Regierung entwickelte und von den öffentlichen Medien, die schon immer der Macht dienten, unterstützte Kommunikationsstrategie durchbrechen.

Die Kommunikationsoffensive der Regierung stellt einen anderen Teil der Repression dar, indem versucht wird, die Meinung der Menschen mit den folgenden Methoden zu beeinflussen:

  • Zensur und Kontrolle der Informationen, um heuchlerisch die Aufnahmen von Repression zu verbergen, zu rechtfertigen und/oder anzuzweifeln.
  • Im Fernsehen übertragene Reden von Regierungsvertreter*innen, in denen diese eine soziale Krise bemerkt haben, die nun mittels eines „neuen sozialen Vertrags“ gelöst werden soll.
  • Es wird explizit von einem Kriegszustand gegen eine*n interne*n Feind*in gesprochen, die*der angeblich den Plan verfolgen soll, Chaos zu säen und kleine Läden, Schulen und Krankenhäuser anzugreifen. Besonders viel Aufmerksamkeit hat mensch der Kriminalisierung der Plünderer*innen und Vandal*innen gewidmet. Außerdem wurde in einem Bericht im Staatsfernsehen erwähnt, dass die Riots von nihilistischen anarchistischen Zellen organisiert worden seien.
  • Eine beständige Berichterstattung während des ganzen Tages, die die Angst vor Nahrungsmittelknappheit wegen der Plünderungen schürt und die Idee verbreitet, dass die Diebstähle auch auf gewöhnliche Haushalte übergreifen würden.
  • Die Unterteilung der Demonstrant*innen in gute, legitime und friedliche Demonstrant*innen und gewalttätige, gegen die jede Form der Repression gerechtfertigt sei.
  • Die Präsentation eines Plans für ökonomische und soziale Maßnahmen, in dem Versuch Interesse für eine Lösung der existierenden Krise zu zeigen.
  • Die Darstellung des Militärs als Kräfte zum Schutz und für den Frieden.

Glücklicherweise hatte die repressive Kommunikationsstrategie der diskreditierten Regierung nicht den gewünschten Effekt und der Ungehorsam blieb trotz der Tatsache erhalten, dass einige ewig unterwürfige und gehorsame Bürger*innen mit der Macht zusammenarbeiteten, indem sie sich freiwillig an der Reinigung der Straßen und der Überwachung der Viertel beteiligten, indem sie gelbe Westen trugen und diesem Kleidungsstück eine vollständig andere Bedeutung gaben als die Revolte, für die es nach den wilden Protesten in Frankreich bekannt wurde.

Unsere Anarchistische Position: Notizen zu einem Nachspiel, das noch nicht existiert

Zwischen Mittwoch, dem 23. Oktober und Donnerstag, dem 24. Oktober versuchten sich die Regierung und die Repressionsorgane darin, ein freundlicheres Gesicht zu zeigen, angesichts der anhaltenden Demonstrationen und der großen Zahl an Ursachen für Aufstände, zu denen die dauernde Enthüllung von Beweisen für repressive Handlungen und das öffentliche Bekanntwerden einer als geheimes Gefangenenlager genutzten U-Bahnhaltestelle und Berichte, dass dort gefoltert würde, hinzu kamen.

Dieser Tage scheint es Anzeichen dafür zu geben, dass die allgemeine Revolte ein wenig an Intensität verliert, was vermutlich der Situation der tagelangen, permanenten Proteste mit ständigen Unruhen und Konfrontationen geschuldet ist. Einige von uns sind der Meinung, dass das dem Prozess einer fortschreitenden Befriedung den Weg ebnen könnte, in der einige Kessel der Revolte fortdauern und sich die selektive Repression gegen Menschen, die bereits für ihr Engagement in sozialen Bewegungen, Kollektiven und im Umfeld radikalen Kampfes bekannt sind, verschärfen könnte. Tatsächlich wurden Menschen mit Verbindungen zu studentischen und Umwelt-Bewegungen bereits verhaftet.

Ungeachtet dessen, was kommen wird, wissen diejenigen von uns, die schon lange vor dem aktuellen sozialen Ausbruch die Macht und Autoritäten angegriffen haben, dass all die oben aufgelisteten Praktiken der Repression und Kommunikation Teil des repressiven Arsenals sind, mit dem wir und andere Gruppen in der gesamten Geschichte des Staates und der Autoritäten konfrontiert waren. Heute werden wir Zeug*innen einer postmodernen Erneuerung von Methoden und Strategien, die bereits in früheren diktatorischen und demokratischen Regimen in Chile, Lateinamerika und dem Rest der Welt angewandt wurden, wenn die Interessen der Herrschaft gefährdet waren und sie nicht zögerte, ihr wahres Gesicht der geplanten und systematischen Unterdrückung zu zeigen.

Wir wissen, dass die Feindschaft und Angriffe auf die Herrschaft seit Jahrhunderten von unzähligen Generationen von Rebell*innen, Aufständischen, Revolutionär*innen und Subversiven jeder Art verfolgt wurden, ebenso wie wir die Gewissheit haben, dass wir, die Anarchist*innen zusammen mit den communities der Mapuche und der vermummten Jugend in den letzten zwei Jahrzehnten Folter, Knast und Tod als Teil der repressiven Politik des Staates angesichts des Widerstands und der anhaltenden Angriffe, die wir gegen die kapitalistische und autoritäre soziale Ordnung ausgeführt haben, erfahren haben.

Heute werden viele Menschen Zeug*in dessen, was wir seit Jahren verbreitet haben: Dass den Mächtigen Täuschung, Folter und Mord gelegene Mittel sind, um die Welt, die sie zu ihrem Profit errichtet haben, zu verteidigen, und dass der einzig mögliche Weg zu einem Ende der Herrschaft über unsere Leben mit einer zerstörerischen Rebellion gegen all das beginnt, was uns von denen auferlegt wurde, die versuchen, unsere Existenz zu einem Dasein als Sklave zu machen, die uns unsere Freiheit rauben.

Wir sind uns bewusst, dass alle Feinheiten der staatlichen Repression, sogar die, die vorgeben, wie ein „freundliches“ Gesicht auszusehen, Teil der Aufstandsbekämpfung sind, wie sie ursprünglich in Algerien eingeführt, in den Diktaturen Lateinamerikas verbessert und von Besatzungstruppen im Irak, in Haiti und anderen Teilen der Welt angewandt wurden. Wir wissen genau, dass massive und selektive Repression, Folter, Vernichtung, Versammlungen und Kommunikationsstrategien der psychologischen Kriegsführung keine Neuheit sind und wir leben und erleben diese heute in einem Szenario, das wir nie für möglich gehalten hätten: Wir führen unser tägliches Leben und unsere Kämpfe in einem Ausnahmezustand mit Militär auf den Straßen.

Wir wissen auch, dass die Existenz, die Ausbreitung und der Fortbestand anarchistischer Ideen und Praktiken der Konfrontation während der letzten Dekaden im chilenischen Gebiet ein echtes, lebendiges und dynamisches Element bildeten, das auf gewisse Weise zur Identifizierung von und zum Angriff auf Symbole und Ziele der Macht inmitten der derzeitigen Unruhen und zur Verbreitung einer radikalen, kämpferischen Subjektivität gegen die Welt des Kapitals und der Herrschaft beitrug. Dennoch müssen wir so ehrlich sein zu betonen, dass die Unzufriedenheit, die mit so unvergleichlicher Gewalt im demokratischen Chile ausgebrochen ist, einer allgemeinen Revolte ohne Anführer*innen entspricht, in der die anarchistischen Individualitäten nur eine der vielen Akteur*innen auf den Straßen sind.

Wir haben nie an die guten Absichten der demokratischen Lügen geglaubt, daher sind wir nicht überrascht, dass die repressiven Kräfte ihre Waffen auf Kinder, Alte und Tiere richten. Heute lernen wir auch, mit der Ausgangssperre zu leben, die unsere Mobilität und die Möglichkeit sich unter Freund*innen, Gefährt*innen und Affinitätsgruppen zu umarmen und miteinander zu teilen einschränkt.

Viele Emotionen und Empfindungen sind Tag für Tag und Minute um Minute miteinander verflochten: Wut, Ohnmacht, Nervosität und ein Quäntchen Angst erfüllt die Herzen und den Verstand vieler Menschen.

NICHTS IST ZU ENDE, ALLES GEHT WEITER

HEUTE MEHR DENN JE SETZEN WIR UNSEREN KAMPF GEGEN DEN STAAT, DAS KAPITAL UND JEDE AUTORITÄT FORT.

Sin Banderas Ni Fronteras

Dieser Text wurde ursprünglich am 26. Oktober 2019 bei mpalothia veröffentlicht. Diese Übersetzung ins Deutsche folgt der englischen Übersetzung, die bei Anarchists Worldwide veröffentlicht wurde.

Anmerkungen

[1] Extraktivismus bezeichnet in diesem Fall die Ausbeutung natürlicher Ressourcen (in Chile unter anderem beispielsweise Kupfer, Lithium und Gold), die dann auf dem Weltmarkt verkauft werden.“

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