Der Zwang, in der Erstaufnahmestelle in der Lindenstraße wohnen zu müssen, war schon vor Corona entwürdigend, ausgrenzend und entrechtend. Die zur Verlangsamung der Verbreitung von Corona beschlossenen Maßnahmen können dort nicht eingehalten werden – auch nicht durch die heute durch die Sozialbehörde verkündeten Anpassungen im Alltagsablauf, denn sie sind unzureichend. Der Aufenthalt in der Lindenstraße ist für alle dort wohnenden und insbesondere für Angehörige einer Risikogruppe per se eine Gefährdung ihrer Gesundheit. Aus der Sicht des Infektionsschutzes ist die LASt ein einziger Haushalt mit 700 Menschen. Das Land Bremen unterläuft in der Lindenstraße seine eigenen Regeln, die zum Schutz vor Corona aufgestellt wurden.
Es gibt deshalb keine Alternative zur sofortigen Auflösung der Landesaufnahmestelle. Mehr Informationen hierzu unter der aktuellen Petition: https://weact.campact.de/petitions/schliesst-massenunterkunft-lindenstrasse-schafft-sichere-und-kleine-wohneinheiten-fur-gefluchtete
Wo ein Wille ist, ist ein auch Weg
In der letzten Woche wurde deswegen unter anderem vom Flüchtlingsrat Bremen die Auflösung der Landesaufnahmestelle gefordert. Der Sprecher der Sozialsenatorin sagte dazu, eine Schließung sei rechtlich und tatsächlich nicht möglich. Immerhin wurde damit implizit eingestanden, dass die Schließung notwendig ist. Ansonsten ist die Aussage jedoch falsch. Das Infektionsschutzgesetz (§§ 16,17, 28) bietet die Möglichkeit zu weitgehenden Schließungsanordnungen durch das Gesundheitsamt bzw. den Senat – was in ganz Bremen ja auch flächendeckend genutzt wird.
„Will der Senat wirklich Menschenansammlungen ab drei Personen verbieten, aber 700 Menschen weiterhin dazu zwingen, gemeinsame Sanitär- Aufenthalts- und Essräume zu benutzen?“ fragt der Flüchtlingsrat.
Die aktuelle Situation ist unhaltbar und gesundheitsgefährdend: In 30-Minuten-Schichten müssen 200 Personen in einem Raum dicht an dicht essen. Bis zu sechs Personen leben und schlafen in einem Raum, die Betten häufig keine anderthalb Meter voreinander entfernt – ohne das Fenster öffnen zu können. „Das Land Bremen hält also seine eigenen, zum Schutz vor Corona aufgestellten Regeln, die überall gelten, in der Lindenstraße nicht ein“, so der Flüchtlingsrat.
„Während wir innerhalb des Gebäudes keinerlei Möglichkeit haben, uns durch Social Distancing zu schützen, dürfen wir das Gebäude nicht einmal zu zweit verlassen. Während wir drinnen dichtgedrängt mit 700 Menschen leben müssen, ist uns das Fußball spielen auf dem Gelände der LASt verboten“, erzählt ein Bewohner der LASt. „Auch die Kinder dürfen nicht mehr raus auf den Hof zum spielen – aber innerhalb des Gebäudes spielen alle zusammen.“
Ganz grundsätzlich halten wir fest: Die Errichtung großer Unterkünfte ist keine Reaktion auf eine vermeintlich große Zahl neu ankommender Menschen, sondern entspringt dem Willen zur Ausgrenzung. Die Rechtfertigung für diesen Entzug von Grundrechten lautete bisher, die Ausreisepflicht müsse kurzfristig durchgesetzt werden können. Das war schon immer falsch – jetzt ist es offenkundig Makulatur:
„Niemand wird in absehbarer Zeit aus dem Hochrisikogebiet Deutschland ausreisen können,“ stellt der Flüchtlingsrat fest. „Die Auflösung der Einrichtung ist auch praktisch möglich: In Bremen gibt es mehrere tausend Hotelzimmer, die auf absehbare Zeit nicht mit Tourist*innen belegt werden dürfen. Dazu kommen ‚Airbnb‘-Wohnungen und noch nicht abgebaute Containerunterkünfte. Es geht also.“
Weitere Informationen zur aktuellen Situation in der Lindenstraße:
https://togetherwearebremen.org/