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„Es gibt genug Mauern auf dem Vulkangelände, stellt die an die Wand“, droht einer, der sich bei YouTube hinter dem Pseudonym Norman Ritter verbirgt. Die aus seiner Sicht erschossen gehören, sind Menschen, die gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und Flüchtlinge im Lande Bremen (ZASt) auf dem ehemaligen Werftgeländeim Bremer Ortsteil Vegesack demonstrieren.133 von 370 Bewohner/innen sind Corona-infiziert, sie leben dicht auf dicht hinter hohen Zäunen in Quarantäne. Der Film der Bremer Filmemacherin Anne Frisius, auf den sich der hasserfüllte Kommentar bezieht, gibt den Geflüchteten in der Lindenstraße eine Stimme. Bereits vor einer Infizierung hatten sie sich organisiert und um menschenwürdige Wohnmöglichkeiten gebeten.
Video bei YouTube und Facebook veröfffentlicht
Am 2. April drehte Frisius die Dokumentation mit dem Titel „Lindenstrasse Camp – Corona ist hier“ über den Protest vor der ZASt im Bremer Norden und stellte ihn urheberrechtlich gekennzeichnet bei Vimeo online. Dieser Film wurde schließlich ohne ihre Zustimmung auf dem YouTube-Kanal einer rechten Gruppierung namens „Freunde für Deutschland“ (FfD) online gestellt. Der, laut Impressum, verantwortliche von „Freunde für Deutschland“, Peter S. aus Kelkheim, veröffentlichte das Video auch bei Facebook.
S. scheint keine Probleme damit zu haben, dass sich unter den zahlreichen zumeist hasserfüllten Kommentaren auch zahlreiche Drohungen gegen die Geflüchteten befinden. „Holger Weiler“ schreibt im sozialen Netzwerk: „Bei solchen Bildern juckt mir immer mein Abzugfinger. Muss wohl eine Allergie sein.“ 112 Beiträge sind es alleine bei YouTube. So heißt es unter anderem von einem „harry schneider“: „Schöööööön weiter versammeln, Bimbos, schöööööööööön weiterversammeln…bitte alle, he he he he, dann löst sich das Problem bald von selbst… ;-)“.
Kein strafrechtlich relevanter Hatespeech?
Auch der rechte YouTuber Tim Kellner benutzte ungefragt Filmausschnitte für seinen Beitrag mit dem Titel: „Erste Ausschreitungen – Die Nerven liegen blank! In ganz Deutschland kochen die Emotionen hoch und es gibt immer mehr Brennpunkte“. Kellners Video mit den gegen die Massenunterbringung protestierenden Geflüchteten aus Bremen wurde über 146.000 Mal angeklickt. Auch hier gab es unzählige Kommentare. Frisius vermutet, dass die „Freunde für Deutschland“ bewusst diesen Beitrag ausgewählt haben könnten, „weil es „starke schwarze Frauen sind, die im Vordergrund stehen und sagen, was bei ihnen vor Ort Sache ist“, so die Bremerin, „es könnte sein, dass gerade dieser Umstand die Rechten so richtig anfrisst?“ Sie hat inzwischen einen Medienanwalt eingeschaltet, will einen Missbrauch ihrer Arbeit für rassistische Zwecke nicht hinnehmen.
Frisius Bemühungen, gegen die Drohungen vorzugehen, blieben bisher ohne Erfolg. Von einer Meldestelle des Bundeskriminalamtes wurde sie an das Demokratiezentrum Baden-Württemberg verwiesen. Dort antwortete man ihr in einer Mail vom 14. April 2020: „Leider werden wir in diesem Fall nicht viel für Sie tun können.(..) Strafrechtlich relevanten HateSpeech konnten wir unter den ersten zwanzig Kommentaren nicht vorfinden.“ Sie hätten weiterlesen sollen.
Quelle: bnr.de