Lebensschützer*innen und christliche Rechte marschieren wieder

Für den 22. September haben christlich konservative Kreise und politische Rechte zum „Marsch für das Leben“ in Berlin aufgerufen. Sie fordern in ihrem inzwischen
alljährlich stattfindenden Demonstrationszug das völlige Abtreibungsverbot in Deutschland. Zu den relevanten Unterstützer*innen dieser Demonstration gehören
die in der Evangelischen Allianz organisierten Evangelikalen, die Junge Union, mehrere evangelische Arbeitskreise der CDU und eben auch die „Zivile Koalition“ der AfD Frontfrau von Storch.

Dieses christlich / rechte Spektrum eint nicht nur die Forderung nach dem vollständigen Abtreibungsverbot, gemeinsam sind sie in buchstabentreuer Auslegung der Bibel gegen die Ehe für alle. Gleichgeschlechtlicher Sexualverkehr stellt in ihren Augen eine Sünde dar. Sie streiten gegen den „Genderwahn“ und träumen von patriarchalischen Verhältnissen. In vielen ihrer Kirchen dürfen Frauen nicht auf die Kanzel. Die „Demo für alle“ in Baden-Württemberg war eine der Kampagnen dieses Spektrums.

Zentraler Aufrufer für den Marsch in Berlin ist der Verein „Bundesverband Lebensrecht e.V.“ Deren stellvertretender Vorsitzender ist Hartmut Steeb,
hauptberuflich Bundesgeschäftsführer der Evangelischen Allianz, dem Dachverband der Evangelikalen in Deutschland. Die evangelische Allianz ist die zentrale Organisation dieser Bewegung. Die Gruppen und Kirchen der Allianz kommen auf ca. 1,3 Millionen Mitglieder in Deutschland.

Mehrere Bündnisse haben in Berlin bereits zu Gegendemonstrationen aufgerufen.

Hier sind die links:
whatthefuck.noblogs.org
sexuelle-selbstbestimmung.de

Mensch könnte jetzt einwenden, es handele sich mit wahrscheinlich 5000 Demonstrations-teilnehmer*innen nicht um eine relevante Bewegung. Dies ist ein Irrtum.

Evangelikale und konservative Katholik*innen sind in der Politik fest verankert.

Der CDU Fraktionschef Kauder und die FDP Generalsekretärin Beer gehören zum evangelikalen Spektrum. Zwei Bundesminister*innen (Klöckner und Müller) und die CDU Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer gehören dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an. Gesundheitsminister Spahn, ebenfalls erzkatholisch, hat als eine seiner ersten Anweisungen Selbstötungsmedikamente (§217) aus dem
Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen. Die Untersützer*innen der christlichen Konservativen Rechte verfügen über ein europaweites Netzwerk. Ihr Einfluss wirkt in Regierungen und Staatsparteien.

Die Demonstrationszüge zum Marsch für Leben oder die 1000 Kreuze Züge in Münster, Fulda und München sind nur sichtbare Eisbergspitzen.

Ein Blick auf die rechte evangelikale Szene

Die Evangelikalen sind weltweit und ebenso wie auch in Deutschland in der evangelischen Allianz (EA) organisiert. 620 von etwa 700 Millionen weltweit
organisierten evangelischen Christen gehören der EA an.

Die Förderung konservativer Ideen durch staatliches Handeln ist weitreichend.

  • In Berlin wurden gerade zwei weitere Frauenärztinnen wegen Verstoß gegen den §21 (Werbung für Abtreibungen) angeklagt.
  • Unlängst wurde der evangelikalen Aktivistin und Lebensschützerin Sieglinde Menzel aus Sachsen-Anhalt das Bundesverdienstkreuz verliehen. Sie gehört einer baptistischen Freikirche bei Magdeburg an und wurde für ihr Engagement in der Lebensschutzorganisation KALEB vom Ministerpräsidenten ausgezeichnet.

Nicht nur ein bundesweites Problem, auch vor der eigenen Hütte brennt es:
Auch in Bremen gibt es zahlreiche evangelikale Kirchengemeinden und freikirchliche Einrichtungen, die dem Evangelikalen Spektrum zuzurechnen sind und die zum Beispiel wie die Martinigemeinde (Pastor Olaf Latzel) den 22. September schon in ihrem Kalender auf der Webseite eingetragen haben. Im vergangenen Jahr fuhr morgens um 6 Uhr ein Bus von der Martinikirche nach Berlin.

Es ist gut und richtig, sich in Berlin diesem rechtsklerikalen, antifeministischen Treiben entgegenzustellen. Genauso wichtig ist es jedoch,
sich ganzjährig mit den örtlichen rechtsklerikalen Evangelikalen auseinanderzusetzen. In Bremen sind sie teilweise als Evangelikale, Schwulenheiler und Feinde sexueller Selbstbestimmung nicht zu erkennen und geben sich als engagierte Christenmenschen, sie sitzen in der Bürgerschaft, wirken in den Parteien und betreiben mit ihren Sozialwerken christliche Missionierung durch Sozialarbeit.

Zur evangelischen Allianz in Bremen gehören:

  • Sieben Kirchengemeinden innerhalb der Evangelischen Kirche: Martini, Matthäus, Markus, Abraham, Hohentor, Sodenmatt und Epiphanias sowie die landeskirchlichen Gemeinschaften in Blumenthal und Walle
  • 18 freikirchliche Gemeinden, überwiegend Baptisten und Pfingstler
  • 15 Gemeinden von Zuwander*innen, überwiegend aus Westafrika
  • 4 christliche Privatschulen (z. B. Freie Evangelische Bekenntnisschule in Habenhausen)
  • ca. 25 Sozialwerke und Einrichtungen von Heilsarmee bis Sozialwerk der freien Christengemeinden
  • In den Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU und FDP sind jeweils bekennende Evangelikale vertreten.

    Es gibt viel zu tun.

    IBKA: Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten

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