Für einen internationalistischen und revolutionären 1. Mai

Aufruf Bündnistreffen für eine internationalistische & revolutionäre 1. Mai Demonstration in Bremen

Erstes Bündnistreffen
Dienstag, 18. Februar 2020 | 19 Uhr | Paradox

Der 1. Mai ist für Revolutionär*innen in vielen Ländern ein wichtiger Tag, um der eigenen Geschichte und den Kämpfen der Arbeiter*innenbewegung zu gedenken, zusammen zu kommen, sich miteinander zu solidarisieren und die eigenen Kämpfe gemeinsam auf die Straße zu tragen. Weltweit fanden deshalb und finden vielerorts noch immer am 1. Mai große kämpferische Demonstrationen statt.

Anders als in vielen Ländern wird der Charakter des 1. Mai in Bremen seit Jahren weitgehend von den reaktionären Gewerkschaften und Parteien und den Reden ihrer Funktionär*innen bestimmt. Deshalb haben wir letztes Jahr als Alternative zur DGB-Demo das erste Mal zu einer internationalistischen und revolutionären 1. Mai Demonstration aufgerufen. Unserem Aufruf sind über 800 Menschen gefolgt; es gab Redebeiträge über die unterschiedlichen alltäglichen Kämpfe, internationalistische Musik und Solidaritätsbekundungen sowie kämpferische Parolen.

An diese Dynamik wollen wir auch in diesem Jahr anschließen und wieder eine internationalistische und revolutionäre 1. Mai Demo auf die Beine stellen. Im folgenden Aufruf für das erste Vorbereitungstreffen möchten wir nochmal ausführen, warum wir nicht auf die DGB Demonstration gehen und gleichzeitig die Rahmenbedingungen der von uns angestrebten revolutionären 1. Mai Demonstration beschreiben:

Was wollen wir?
Unser Ziel ist es, auf der internationalistischen und revolutionären 1. Mai Demonstration die alltäglichen Kämpfe von unten in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Demonstration, auf der die Stimmen, die Perspektiven und Kämpfe von denjenigen sichtbar und hörbar werden, die von den unterschiedlichen Ausbeutungsverhältnissen betroffen sind und sich dagegen wehren oder wehren wollen. Eine Demonstration, zu der sich Menschen zugehörig fühlen, weil sie sich in den Themen und Parolen wiederfinden, wie z.B. kämpferische Positionen gegen Leiharbeit und andere krankmachende Arbeitsbedingungen, Mietsteigerungen, niedrige Rente, patriarchale Unterdrückung und Rassismus.

Der 1. Mai ist aber auch ein internationalistischer Kampftag. Das bedeutet für uns, die weltweiten Proteste mit den Kämpfen vor Ort zu verbinden und dies zusammen auf der Demonstration zum Ausdruck zu bringen. Denn auch der deutsche Imperialismus trägt dazu bei, die Situation in vielen Ländern unaushaltbar zu machen. Wer flüchten muss vor Krieg und Armut, muss sich hierzulande auch noch Rassismus und weiterer Unterdrückung aussetzen. Anstatt mit SPD & Co auf die Straße zu gehen, die wesentlich die Verantwortung für diese Politik tragen und durch Kriege, Aufrüstung und neoliberale Wirtschaftspolitik unsere Herkunftsländer zerstören, wollen wir gemeinsam eine internationalistische Perspektive entwickeln und auf die Straße bringen.

Der Reformismus, Nationalismus und die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung des DGB trägt auch dazu bei, dass sich immer mehr Arbeiter*innen an rechten Betriebsgruppen orientieren oder rechte Parteien wählen. Umso wichtiger ist es deshalb, die soziale Frage und den 1. Mai als Kampftag der Arbeiter*innen wieder von links anzueignen und eine revolutionäre & emanzipatorische Alternative zu rechter Ideologie und bürgerlicher Demokratie zu formulieren und sichtbar zu machen. Das heißt v.a. den 1. Mai wieder mit antikapitalistischen und antifaschistischen Inhalten zu füllen, um der Hoffnungslosigkeit in der Gesellschaft und ihrer angeblichen Alternativlosigkeit sowie der zunehmenden Faschisierung entgegenzutreten.

Gründe gibt es hierfür in Bremen genug: hoher Anteil an Leiharbeit, Arbeitslosigkeit (10,3%), die verschlechterte Situation in den Betrieben sowie der allgemeine Abbau des Sozialstaats und die höchste Armutsquote (22,7%) in der BRD geben Anlass zu revolutionärer Praxis. Migrant*innen sind von diesen Bedingungen besonders betroffen. Sie stehen häufig unter dem besonderen Druck für ihren Aufenthalt einen Arbeitsvertrag oder ein Ausbildungsverhältnis vorweisen zu müssen und sind diejenigen, die v.a. in prekären Verhältnissen arbeiten. Dies betrifft auch Frauen, die zudem häufig unter der Doppelbelastung durch Reproduktionsarbeit und patriarchaler Gewalt leiden.

Bei der Demonstration legen wir zudem Wert darauf, nicht nur der sog. linken Szene eine Bühne zu bieten oder eine „Parade von Revolutionär*innen“ zu veranstalten, sondern einen Ort für jene zu gestalten die von diesem System am meisten unterdrückt und betroffen sind. Der 1. Mai hat für uns zwar eine lange Tradition, auf die wir bewusst zurückblicken können, jedoch gilt es, eine Perspektive für die Gegenwart zu gestalten und nicht in Nostalgie zu schwelgen.

Alternative zur 1. Mai Demo des DGB Wir haben uns entschieden, die Demonstration auch dieses Jahr fast parallel zur Demonstration des DGB zu machen, und sie nicht als Ergänzung am Nachmittag stattfinden zu lassen. Neben rein organisatorischen Gründen spielen auch inhaltliche eine Rolle:

Der reaktionäre Charakter des DGB hat unserer Meinung nach wesentlich dazu beigetragen, die Arbeiter*innenklasse zu spalten und klassenkämpferische und selbstbestimmte Ansätze strukturell zu verhindern und auszubremsen. Durch die Liebäugelei der offiziellen Gewerkschaften mit der herrschenden Politik, dem Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft und der Orientierung an den Wirtschaftsinteressen des Standort Deutschlands ist der DGB nun mehr an die sozialpartnerschaftliche Kompromissschließung gebunden und keine wirkliche Kampforganisation von Lohnabhängigen. Die Gesetzesinitiative zur Tarifeinheit, die der DGB zusammen mit dem Arbeitgeberverband auf den Weg gebracht hat, um das Streikrecht einzuschränken oder die Tarifabschlüsse zu Leiharbeit, die seit Jahren Equal Pay verhindern, die Ausspielung von Standorten oder die Verabschiedung immer ausdifferenzierterer Tarifverträge sind nur einige Beispiele dafür.

Auch in unseren alltäglichen Erfahrungen spiegelt sich diese Politik wider: In vielen Betrieben vertreten die Gewerkschaften nur noch einen kleinen Teil der Belegschaft, für viele – wie z.B. Leiharbeiter*innen – ist die Gewerkschaft nicht wirklich greifbar, weil sie keine Relevanz für ihre alltägliche Arbeit hat und ihre Interessen nicht wirklich vertreten werden. Viele von uns haben zudem Erfahrungen mit intransparenten Tarifverhandlungen hinter verschlossenen Türen oder Gewerkschaftsfunktionären, die versuchen jede kämpferische Dynamik jenseits der ungefährlichen und teilweise abgesprochenen Warnstreiks und Tarifauseinandersetzungen zu verhindern. Vor allem in den größeren Betrieben vertreten viele der Betriebsräte eher die Interessen der Unternehmensleitung als die der Kolleg*innen. Selbst die Gewerkschaft der Polizei hat einen festen Platz am 1. Mai und stellte vorletztes Jahr sogar den Hauptredner. Dies unterstreicht die Regierungs- und Systemhörigkeit des DGB. Antikapitalistische und internationalistische Perspektive fehlen fast durchgehend.

Diesen Erfahrungen sowie unserer grundlegenden Kritik am Gewerkschaftsapparat steht die Tatsache gegenüber, dass es bis jetzt keine wirkliche Organisierungsalternative für Lohnabhängige gibt, die sich zur Wehr setzen wollen. Deshalb sind einige von uns trotz der grundlegenden Kritik am DGB Mitglied in einer seiner Gewerkschaften. Auch gibt es fortschrittliche Kräfte, die in den Gewerkschaften versuchen, den Kampf von Lohnabhängigen zu stärken und mitzutragen. Die Teilnahme von eben jenen Gewerkschafter*innen, die revolutionär statt reformistisch handeln wollen, ist uns ein wichtiges Anliegen.

Was dieser Widerspruch darüber hinaus für eine revolutionäre linke Strategie und Praxis in Bezug auf Lohnarbeit und Arbeitskämpfe bedeutet, wird von den aufrufenden Gruppen unterschiedlich beantwortet bzw. diskutiert. Während manche den DGB für nicht reformierbar halten und den Aufbau von alternativen kämpferischen Strukturen für notwendig erachten, finden andere die kritische und klassenkämpferische Arbeit innerhalb der reformistischen Gewerkschaften für unverzichtbar. Diese Unklarheit innnerhalb der revoutionären linken Politik möchten wir mit euch diskutieren, und kann im Zuge des 1. Mai gerne auf einer gesonderten Veranstaltung vertieft behandelt werden.

Unbhängig davon, wie wir diese Frage beantworten, sind wir uns jedoch darin einig, dass die traditionelle 1. Mai Parade und Feier von DGB und SPD genau für das stehen, was wir kritisieren. Deshalb laden wir alle Gruppen und Einzelpersonen, die sich in diesem Aufruf wieder finden, dazu ein, mit uns gemeinsam die diesjährige revolutionäre & internationaĺistische 1. Mai Demonstration vorzubereiten.

Bündnis für einen internationalistischen und revolutionären 1. Mai in Bremen

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