Aufruf zur Mobilisierung gegen den G7 und seine Welt
Vom 24. Bis 26. August findet in Biarritz (französisches Baskenland) der nächste G7 – Gipfel statt. Seit schon einiger Zeit gibt es einen Mobilisierungsaufruf – neuerdings auch in Deutsch, den wir nachstehend dokumentieren. Dieser ruft auch international zur Teilnahme an den Protesten auf.
Der sogenannte Plattformaufruf wurde auf Französisch verfasst und in Spanisch, Baskisch, Katalanisch, Galicisch, Arabisch, Bretonisch, Okzitanisch, Englisch, Korsisch und eben auch in Deutsch übersetzt. Das Protest – Bündnis umfasst zahlreiche lokale, wie überregionale Organisationen und Gruppen mit Schwerpunkt im Baskenland. Die Webseite ist dreisprachig – Französisch, Spanisch und Baskisch http://g7ez.eus/es/
Aufruf zur Mobilisierung gegen den G7 und seine Welt
G7 – was ‘n das? (1)
Der G7 umfasst die sieben großen westlichen Wirtschaftsmächte (USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada). Er etabliert dabei eine Hierarchie, die unterscheidet zwischen denen, die mächtig und ideologisch vermeintlich korrekt ausgerichtet sind und dem Rest aller anderen Länder. Der G7 wurde von Anfang an wegen mangelnder Legitimität in Frage gestellt. Durch das Unterstützen von Freihandel, Deregulierung und Sparhaushalten haben die G7-Staaten dazu beigetragen, dass die sozialen Ungleichheiten konstant auf ein Niveau angestiegen sind, welches seit fast hundert Jahren nicht mehr erreicht wurde.
Die G7-Gipfel symbolisieren die Vorherrschaft der großen Mächte des Westens und werden abgehalten, um die besten Kompromisse für die Interessen des Kapitalismus zu erzielen. Auf der Grundlage dieser Kompromisse wird den Völkern der Welt dann eine entsprechende Wirtschafts- und Finanzpolitik auferlegt.
Der nächste G7-Gipfel hat die Besonderheit, dass er im Baskenland stattfinden wird, also in einer Region, in der Solidarität, der Wille zum Aufbau einer anderen Welt und der Widerstand gegen Kapitalismus, Heteropatriarchat und Imperialismus lebendig und fest verankert sind.
Die Welt der G7
Seit langem ist es das Ziel der G7-Gipfel, den dicht aufeinander folgenden Krisen des Kapitalismus zu begegnen, indem der Welt überaus harte neoliberale Vorschriften (2) auferlegt werden. Heute ist es für sie am dringlichsten, das System vor den Folgen der Politik zu retten, die die G7-Mitgliedsländer selbst in den letzten 40 Jahren entwickelt haben. In letzter Zeit wurde jedoch auch die vermeintliche Wirksamkeit dieser Gipfeltreffen stark in Frage gestellt, und zwar aufgrund der internationalen Instabilität und der oft komplizierten Verschachtelung verschiedener Krisen… wegen der offensichtlichen Macht kapitalistischer Interessen und wegen Maßnahmen, die ergriffen wurden aber nie an die Wurzeln der Probleme gehen. Diese G7-Gipfel, die riesige Summen verschlingen (500 Millionen Dollar im Jahr 2018), reduzieren sich auf reine Kommunikationsmaßnahmen. (3)
Die durch die G7 symbolisierte Situation in der Welt ist grundlegend tödlich und ihre verhängnisvollen Merkmale sind offensichtlich und unbestreitbar:
- Klimazerstörung (4)
- Umweltverschmutzung und ein enormer Verlust der biologischen Vielfalt
- zunehmende Ungleichheiten zwischen den Ländern und zwischen den jeweiligen sozialen Schichten innerhalb dieser
- imperialistische Kriege, geschürte Konflikte und die Verarmung von Millionen von Menschen
- Zwangsmigrationen und Abriegelung der reichen Länder
- Anstieg von Autoritarismus, von religiösem Fundamentalismus und rassistischem Gedankengut
- Zunahme der geschlechtsspezifischen Gewalt, was durch neoliberale Politik verstärkt wird
- Enteignung von Bürger*innen, Völkern und Regionen durch die Allmacht von transnationalen Unternehmen
Einem großen Teil der Menschheit werden die in der UN-Menschenrechtschartaverankerten Grundrechte verweigert. Einige Völker werden verleugnet oder gewaltsam unterdrückt und ihr Recht auf Selbstbestimmung immer noch verweigert, auch im Herzen Europas. Und selbst in den reichen G7-Ländern verschlechtern sich durch die Austeritätspolitik kontinuierlich die Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Wir befinden uns in einer systemischen, wie auch vielschichtigen Krise: Sozial, politisch, ökologisch und geopolitisch… Es ist eine Krise, welche die Lebensgrundlagen auf der Erde aufs Spiel setzt.
Welche Themen werden 2019 im Mittelpunkt stehen?
Um der Kritik an ihrer Legitimität etwas zu entgegnen, setzt der G7 jedes Jahr wieder aktuelle Themen auf die Tagesordnung und lädt Akteure der Zivilgesellschaft zur Debatte ein. Die Realität ist, dass die G7 ihre Verpflichtungen nie eingehalten haben. Seine Schlusserklärungen sind eine Liste guter Absichten, denen nie konkrete oder verbindliche Maßnahmen folgten: Entwicklungshilfe (2005 in Schottland), Steueroasen (2013 in Irland) oder über die Rechte von Flüchtlingen (Italien 2017), Beispiele gibt es reichlich.
Das G7-Treffen für die betroffene Region
Schließlich bedeutet das G7-Treffen in der betreffenden Region eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit und des Demonstrationsrechts. Es setzt einen umfassenden Belagerungszustand und eine erstickende Polizeibesetzung voraus – 15.000 Militär- und Polizeibeamte wurden bereits angekündigt.
Warum sollten wir das alles akzeptieren, ohne zu reagieren?
Niemand glaubt mehr an den Nutzen des G7 und niemand will ihn mehr. Es ist eine Verschwendung öffentlicher Gelder, und die beste Lösung wäre es, ihn schlicht vollständig aufzulösen.
Auch vom Baskenland aus eine andere Welt aufbauen
Wir werden uns gegen den G7, August 2019 im Baskenland mobilisieren (5), denn die Welt, die er verkörpert, muss sich grundlegend verändern und zwar jetzt. Der Aufbau einer anderen Welt ist möglich und dringend; und vom Baskenland aus sollten (6) wir ebenfalls daran teilnehmen. Auch hier haben sich die Mobilisierungen und Projekte für beispielhafte Veränderungen vervielfacht: Für eine Eindämmung des Klimawandels, für Bewegungsfreiheit, Verteidigung der Interessen von Arbeitnehmer*innen, gegen Geschlechterdominanz, für kulturelle und sprachliche Vielfalt, gegen den Krieg und für den Frieden… für unterschiedliche selbstorganisierte Projekte.
Deshalb wollen wir gleichzeitig mit der Ablehnung des G7 unsere Kämpfe für den sozialen Wandel verstärken.
Wir werden uns mobilisieren, um andere Modelle zu verteidigen und aufzubauen, andere Wege für eine Welt zu öffnen, in der soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Gleichheit konkrete Forderungen und Realitäten sind. Diese Welt ist bereits in den Kämpfen überall auf dem Planeten am Entstehen:
- für den Bruch mit der auf Ausbeutung basierenden kapitalistischen Logik
- für das Ende des Patriarchats und der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung
- für entschlossene Maßnahmen gegen den Klimawandel und für einen Lebensstil, der die Ökosysteme respektiert und erhält
- für eine Welt, die auf Solidarität zwischen den Völkern, auf Antiimperialismus und Internationalismus basiert und für entmilitarisierte internationalen Beziehungen
- für die eigene Macht (7), demokratisch über die gesamte Organisation des gemeinsamen Lebens zu entscheiden, wie auch für das Recht auf Selbstbestimmung für alle Völker
- für die Verteidigung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt
- für die tatsächliche Gleichheit der dem Rassismus ausgesetzten Bevölkerungsgruppen – für gleiche Rechte aller Menschen, die auf dem Planeten leben.
Wir laden alle, die mit diesem Aufruf einverstanden sind ein, sich der Plattform anzuschließen. Wir rufen alle Menschen hier und anderswo auf, die diese Vision teilen, sich zu mobilisieren, um so viele Kräfte wie möglich während des G7 im August 2019 in Biarritz zu versammeln.
G7 EZ !
(1) franz. Original „quèsaco“, was aus einem provenzalischen – also oxitanischen Dialekt entstammt und sonst nicht geläufig ist, aber sicherlich hier ganz bewusst gewählt wurde und bei LEO mit eben „was ´n das“ übersetzt wird
(2) franz. Original „carcan néolibéral“ – heißt direkt übersetzt neoliberales „Halseisen“ oder „Joch“ wird aber auch im Kontext „bürokratische Zwänge“ angewandt
(3) franz. Original „opérations de communication“
(4) franz. Original „dérèglement climatique“ – heißt direkt übersetzt „KLimastörung“, wobei „dérèglement“ deutlich nachhaltiger zu verstehen ist als „Störung“. Vermutlich bewusst wird hier das wertfreie „Klimawandel“ vermieden.
(5) franz. Original „Nous nous mobiliserons“. Auch im Spanischen wird beim Kontext „mobilisieren“ immer ein „uns“ mit ausgedrückt, was aber ein „euch“ oder „sie“ mit einschließt.
(6) franz. Original „devoir“ bedeutet neben „sollten“ auch gleichzeitig „müssen“
(7) franz. Original einfach nur „pouvoir“ – „Macht“, ohne „eigene“. „Pouvoir“ ist im französischen deutlich wertneutraler
checkt g7ez.eus/es/