Rechtsterroristische Entwicklungen nach dem NSU
Dienstag, 3. September 2019 | 19:30 Uhr | Infoladen
Dass nur ein Jahr nach dem Urteil im NSU-Prozess die Forderung „Kein Schlussstrich“ immer noch gilt und der NSU-Komplex unaufgelöst bleibt, verwundert nicht. Aber war es zu erwarten, dass die Notwendigkeit und Relevanz einer antifaschistischen Kampagne gegen rechten Terror in den letzten Monaten derartig steigt?
Die wenigen verurteilten NSU-Mittäter*innen wurden zu minimalen Haftstrafen verurteilt. Die anderen Unterstützer*innen haben bisher keinerlei Repressalien zu befürchten. In den 5 Jahren Mega-Prozess wurden die Grenzen der Aufklärung klar gemacht: Die Justiz will den Schlussstrich.
Parallel zum NSU-Prozess finden zwar diverse Durchsuchungen und Prozesse gegen andere, neue rechtsterroristische Strukturen statt, doch kommt die
staatliche Intervention entweder zu spät oder bleibt oberflächlich.
Trotz der Razzien gegen ein vermutetes Terrornetzwerk in Mecklenburg-Vorpommern im September 2017 wird erst mit den Aufdeckungen von investigativ Journalist*innen um das sogenannte „Hannibal“-Netzwerk Ende 2018 das Ausmaß bekannt: Es gibt rechte, terroraffine Strukturen innerhalb staatlicher Behörden. Gemessen an der Bedrohung blieb der gesellschaftliche Aufschrei erschreckend gering. Nach monatelangen Mord- und Anschlagsdrohungen im Stile „NSU2.0“ erreicht die alltäglich gewordene Gefahr rechten Terrors größere Sichtbarkeit. Aber erst nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke brach eine alarmierte Debatte aus. Einfluss auf das Handeln rechtsterroristischer Netzwerke hat dies nicht, wie am jüngsten Beispiel des rassistischen Mordversuchs in Wärchtersbach deutlich wird. Aus der Perspektive von „Kein Schlussstrich“ müssen wir uns fragen:
Wie können wir als Antifaschist*innen uns dem entgegen stellen? Haben wir es mit einer neuen Qualität rechten Terrors zu tun, wie manche behaupten? Welche neuen rechtsterroristischen Entwicklungen lassen sich nach der Selbstenttarnung des NSU feststellen? Was für eine Bedeutung hat der NSU-Komplex für aktuelle rechtsterroristische Strukturen?
Zur Diskussion dieser Fragen laden wir am Mittwoch den 03.09.2019 die Sprecherin der Kampagne Kein Schlussstrich, Patrycja Kowalska, ein. In ihrem Vortrag versucht sie die aktuellen rechtsterroristischen Entwicklungen einzuordnen. Ausgangspunkt der Betrachtungen sind die Erfahrungen und das Wissen aus dem NSU-Komplex.