Am 5. März 1871, vor 150 Jahren, wurde die Genoss*in Rosa Luxemburg in Zamość, heute Polen, geboren. Obwohl vor 102 Jahren in Berlin zusammen mit Karl Liebknecht durch rechte Freikorps im politischen Auftrag der SPD ermordet, scheint sie heute nur noch Fans zu kennen. Auch und gerade aus den politischen Lagern, die sie aktiv bekämpfte und die für ihren Tod verantwortlich sind. Vom Feuilleton der bürgerlich-liberalen Presse bis zu den Jusos, alle scheinen plötzlich große Rosa-Fans zu sein.
Dabei war sie nicht nur, mit vielen anderen zusammen, an der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands beteiligt, sondern auch ihre erste Vorsitzende. Als revolutionäre Kommunist*in war ihr Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie immer nur ein taktisches. Trotz anderer Ansichten z.B. über den Charakter und die Aufgaben einer kommunistischen Partei als z.B. Lenin und die Bolschewiki war ihr Verhältnis zum jungen Sowjet-Russland immer ein kritisch-solidarisches. Folgerichtig beteiligte sie sich aktiv an der revolutionären Räte-Bewegung nach dem 1. Weltkrieg. Ihr Ziel war es, die bürgerlich-demokratische Revolution gegen Monarchie und Weltkrieg weiterzutreiben und als sozialistische Revolution zu vollenden.
Als proletarische Internationalist*in war aber auch das von ihr und Millionen anderen angestrebte Sowjet-Deutschland nur ein erster, kleiner Schritt auf dem Weg zur Weltrevolution.
Nun stehen weder ZEIT, Frankfurter Rundschau und Co. noch die Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linkspartei im ernsthaften Verdacht, auf einen revolutionären Umsturz hinzuarbeiten, den bürgerlichen Staat zerschlagen und das Privateigentum an Produktionsmitteln abschaffen zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Ihr merkwürdiges Fantum für Rosa ist deshalb ihnen auch nur möglich, indem sie konsequent ihre politischen Ansichten und Handeln ausblenden und verfälschen. An ihre Stelle setzen sie hohle Phrasen und Gewäsch. Sie quatschen von einer „starken Frau“.
Sie philosophieren über ihr ach so „feinsinniges Gemüt“ und faseln im Duktus einer Werbeagentur darüber, welche „Inspiration“ sie doch für sie sei. Eine Sorte der vereinnehmenden Entpolitisierung, die, nebenbei gesagt, kaum ein Gegenstück bei einem Mann kennt.
Im Umgang mit Karl Liebknecht oder gar Leo Jogiches zum Beispiel findet sich nichts vergleichbares. Dies zeigt nicht nur die anti-kommunistische sondern auch die patriarchale Denke der plötzlichen Rosa-Fans.
Rosa als Person, als Genoss*in, ernst zu nehmen bedeutet dagegen auch im Jahr 2021, sich vor allem mit ihr und ihren politischen Handeln, ihren Inhalten auseinander zu setzen. In ihren praktischen Erfahrungen, aber auch in ihre Krisentheorie, ihre Ansichten über die Dialektik von Reform und Revolution und ihrem Begriff von Partei und revolutionären Subjekt findet sie nämlich auch heute noch vieles, an das sich anknüpfen ließe.
Vermutlich aber nichts, dass für die gepflegte Lektüre der sonntäglichen Zeitung geeignet ist. Und auch für die identitäre Imagepflege der eigenen Parteikarriere dürfte die reale Rosa eher nicht hilfreich sein. Für die revolutionäre Umwälzung des patriarchalen Kapitalismus dafür um so mehr.
Um Rosa selber zu Wort kommen zu lassen:
❝Eure „Ordnung” ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon „rasselnd wieder in die Höh‘ richten” und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: ich war, ich bin, ich werde sein!
(Aus ihrem letzten Artikel in der „Roten Fahne“ vom 14. Januar 1919. Geschrieben am Vortag ihrer Ermordung )
Bis dahin lassen sich Rosas Texte u.a. hier lesen: https://www.marxists.org/deutsch/archiv/luxemburg/Herzlichen Glückwunsch, liebe Genoss*in!