In diesem Jahr soll es in Bremen zum dritten Mal eine revolutionäre und internationalistische 1. Mai Demonstration geben.
Da die Zeit diesmal etwas knapp ist, rufen wir nicht zu einem Vorbereitungsbündnis auf, sondern laden euch hiermit direkt zur Demo ein. Wir freuen uns, wenn ihr eure Kämpfe und Inhalte auf der Demo sichtbar macht und mit dazu beitragt, dass die Demo kraftvoll, lebendig und vielfältig wird. Wie in den letzten Jahren auch, soll die revolutionäre und internationalistische 1. Mai Demonstration besonders denjenigen eine Plattform geben, die von unterschiedlichen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen betroffen sind und sich dagegen zur Wehr setzen. Ihre Stimmen und Inhalte sollen im Mittelpunkt stehen. Seien es die speziellen Situationen und Kämpfe von Arbeiter*innen, Auszubildenden, Mieter*innen, Schüler*innen, Frauen*, Geflüchteten usw.
Der erste Mai ist auch ein Internationalistischer Tag – auf der ganzen Welt gehen Menschen gegen Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße. Deshalb wollen wir uns mit der 1. Mai Demo auch in Bezug zu emanzipatorischen Kämpfen weltweit setzen und diese sichtbar machen. Denn die Bundesrepublik trägt mit ihrer imperialistischen Politik wesentlich dazu bei, dass sich die Lebens- und Widerstandsbedingungen in vielen Ländern extrem verschärfen und Millionen von Menschen migrieren oder flüchten müssen. Ein internationalistischer 1. Mai bedeutet für uns deshalb, dass v.a. auch die Perspektive von denjenigen sichtbar und hörbar wird, die direkt oder indirekt von den Auswirkungen dieser Politik betroffen sind.
Der 1. Mai 2021 – Im Zeichen der Krise Die aktuelle Krise lässt sich nicht begreifen, wenn man sie als Naturkatastrophe auffasst. Die Pandemie ist ein Produkt kapitalistischer Landwirtschaft und die gesellschaftlichen Auswirkungen lassen sich nicht epidemiologisch erklären. Das Virus macht krank, todkrank, mit einer Krise haben wir es aber zu tun, weil der Kapitalismus sich wieder einmal als unfähig erweist mit Menschheitsproblemen, die er selbst hervorbringt, umzugehen. Die Klimakrise hat dies schon zu Genüge bewiesen.
Deutlich wird diese Unfähigkeit an vielen Stellen, z.B. am kaputt gesparten Gesundheitssystem: Jahrzehntelang wurde unsere Gesundheit immer mehr in die Hände von privaten Investor:innen gelegt. Statt bestmöglicher Versorgung lautet die Maxime größtmöglicher Profit. Die Folge war der Ausverkauf öffentlicher Daseinsvorsorge. In Bremen will die GeNo gerade jetzt 440 Stellen streichen, unterstützt von der Linken Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard. Die Bereitstellung von gratis Masken, Impfungen, Schnelltests und Luftreinigern geht derweil eher schlecht als recht voran.
Technologie und Patent zur Impfstoffherstellung bleiben das Privileg einiger weniger Konzerne, obwohl erst Steuergelder in Milliardenhöhe die Impfstoffentwicklung möglich machten, soviel zur Effizienz der Marktwirtschaft.
In dieser wie in jeder Krise, die der Kapitalismus mit einer zwingenden Notwendigkeit hervorbringt, gibt es eine riesige Umverteilung von unten nach oben. Unternehmen bekommen Geschenke in Milliardenhöhe von der Regierung während sie weiterhin Dividenden an ihre Aktionär:innen ausschütten. Die Finanzmärkte erfreuen sich am lockeren Klingelbeutel der Notenbanken. Ausgaben für soziales und ökologisches sucht man hingegen vergebens. Am Ende zahlt die arbeitende Bevölkerung für die Rettung der (Finanz)Wirtschaft. Gleichzeitig verlieren Millionen von Menschen ihren Job und stehen vor oder im finanziellen Ruin. Die Branchen welche am stärksten von den Maßnahmen betroffen sind, sind oft diejenigen mit hohen Anteilen an Niedriglohnbeschäftigung und geringer gewerkschaftlicher Organisationsmacht. Zudem nutzen viele Unternehmen die Krise, um lang geplante Umstrukturierungen auf Kosten der Beschäftigten umzusetzen, wie z.B. beim GHB im Bremer Hafen. Diese Angriffe treffen auf eine Zeit, in der aufgrund von Pandemie-Maßnahmen die betriebliche Organisierung immens erschwert ist. Gleichzeitig trägt der sozialdemokratische Charakter des DGB dazu bei, klassenkämpferische Ansätze zu verhindern und auszubremsen.
Das oberste Ziel der Politik hingegen ist der Schutz der nationalen Wirtschaft. Auch wenn der Staat ein Interesse an einer gesunden, d.h. arbeitsfähigen Bevölkerung hat, steht das kurzfristige Profitinteresse an erster Stelle. Arbeiter:innen riskieren ihre Gesundheit am Arbeitsplatz und in den überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg dorthin, da ein effektiver Gesundheitsschutz in den meisten Fällen nicht vorhanden ist. Es wird der Eindruck vermittelt, als meide das Virus den Arbeitsplatz. Die Last der Maßnahmen wird dagegen aufs Private ausgelagert, sodass wieder diejenigen mit wenig Geld und kleiner Wohnung am stärksten getroffen werden. Zu dem verschlechtert sich besonders die Situation von Frauen erheblich. Viele systemrelevante Berufe, in denen der Arbeitsdruck steigt, werden häufiger von Frauen als von Männern ausgeübt, Frauen verdienen im Schnitt immer noch weniger als Männer, Kinder müssen Zuhause bleiben, da Kindergärten und Schulen zeitweise schließen und die häusliche Gewalt nimmt durch den Lockdown zu.
In der Krise zeigt sich am deutlichsten, welche Ungerechtigkeiten das kapitalistische System jeden Tag hervorbringt. Gerade hier, im ärmsten Bundesland Bremen, sind viele Menschen in Leiharbeit beschäftigt oder arbeitslos und müssen unter miesen Bedingungen schuften oder sich vom Amt schikanieren lassen. Ein Viertel aller Bremer:innen ist von Armut betroffen. In der Krise verschlechtert sich ihre Situation, während das Vermögen der Reichsten einen neuen Höchststand erreicht. Von den prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen sind dabei v.a. Menschen betroffen, die oder deren Eltern aus anderen Ländern nach Deutschland migriert sind. Nicht selten ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis direkt von Arbeit oder Ausbildung abhängig, was Ausbeutung auf der Arbeit, Tür und Tor öffnet und Widerstand erschwert.
Daneben wächst der Rassismus und Nationalismus, mit massiven Auswirkungen für Millionen von Menschen. In vielen armen Stadtteilen ist rassistische Polizeigewalt v.a. für junge Menschen Alltag geworden – mit teilweise tödlichen Folgen, wie zuletzt in Delmenhorst. Die rechten Strukturen reichen dabei weit in staatliche Institutionen hinein und institutioneller Rassismus spielt für die Herrschenden eine wichtige Rolle zur Aufrechterhaltung von Ausbeutungsverhältnissen und Spaltung. Nationalistische Politik und vermeintliche nationalistische Lösungsansätze werden besonders in Krisenzeiten zunehmen. Darauf setzen auch Rechte Corona Leugner:innen bzw. Verharmloser:innen. Sie versuchen, die Situation zu nutzen um ihren Einfluss auszubauen. Dabei dienen sie auch dem Interesse des Kapitals nach einem schnellstmöglichen „Normalzustand“ bei Inkaufnahme einer noch größeren Anzahl an Toten. Die derzeitige Verunsicherung in der Bevölkerung, trägt zu dem ohnehin vorherrschendem Wachstum faschistischer Kräfte in der BRD bei. Die Desorganisiertheit radikal linker Kräfte nutzt der Staat derweil um Organisationen zu zerschlagen, die ihm ein Dorn im Auge sind.
Wir sollten diese Krise nutzen, um gegen die Verhältnisse zu kämpfen, die uns nicht bloß ein kaputtes Gesundheitssystem, Niedriglöhne und Arbeitslosigkeit, sondern auch die Klimakrise und die auf der ganzen Welt wütenden Kriege beschert haben. Wir sollten uns nicht einreden lassen, dass wir alle im selben Boot säßen, sondern in einer Gesellschaft, die auf Klassengegensätzen beruht.
Die diesjährige Demonstration soll von den Menschen gestaltet werden, die die täglichen sozialen und politischen Kämpfe führen. Aus diesem Grund bestreiten wir den ersten Mai auch zum dritten Mal unabhängig von der offiziellen DGB Demo, die in unseren Augen eher ein sozialdemokratisches Grillfest ist und mit der revolutionären Tradition des ersten Mai nicht viel zu tun hat. Wir laden aber explizit all diejenigen Gewerkschaftler:innen ein, die sich konsequent für die Interessen der Arbeiter:innen einsetzen.
Ob Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen, bezahlbaren Wohnraum oder gegen rassistische und patriarchalische Verhältnisse, diese Kämpfe gehören zusammen und sollen hier zusammen geführt werden, mit der Perspektive, dass der Kapitalismus keiner Verschönerung bedarf, sondern überwunden werden muss.
Bündnis revolutionärer und internationalistischer 1 Mai Bremen