Über den Sinn und Unsinn von Kommunikation

Vor ca. zwei Wochen hat die queerfeministische Gruppe ‚Rosarote Zora‘, die bereits im vergangenen Jahr das alte Kulturzentrum ‚Dete‘ besetzt hat, eine Villa im Bremer Stadtteil Horn besetzt. Wir haben hiervon einen Tag später aus der bürgerlichen Presse erfahren und waren ersteinmal positiv überrascht, weil es in Bremen seit einigen Jahren weder gelebte Praxis ist, Häuser zu besetzen (mit Ausnahme der Dete-Besetzung), noch findet in Bremen ein größerer Diskurs über Hausbesetzungen statt. Oder wir bekommen diesen Diskurs nicht mit, trotz dessen, dass wir uns als Teil der organisierten autonomen Szene in Bremen begreifen.
Folglich waren wir gespannt auf die Statements und Berichte der Besetzer*innen. Von Freund*innen hatten wir beispielsweise gehört, dass die Besetzung vorzeitig abgebrochen wurde, weil das Gebäude baufällig gewesen sei. Wir fragten uns direkt, ob alle Besetzer*innen gut raus gekommen sind? Gab es Probleme mit den Cops? etc.
Mit Bedauern mussten wir aber feststellen, dass es in keinem zeckigen Medium eine Auswertung, einen eigenen Bericht oder ein Statement zu der Aktion gab. Auf dem Bremer Szene-Blog ‚endofroad‘ wurde lediglich die Pressemitteilung der Cops veröffentlicht. Und das ist uns unverständlich.
Wir fragen uns: Wo finden derzeit Diskussionen und der Austausch von (Erfahrungs-) Berichten statt? Finden diese überhaupt statt? Wo finden diese statt? Auf Social Media Kanälen, die lediglich den Leuten zugänglich sind, die sich keine Gedanken über Sicherheit und Verwertung machen?
Unsere Politik sollte nicht darauf abzielen, in unserer Bubble, die wir mit Social Media bedienen können, unsere social-media-affinen Gefährt*innen zu erreichen, sondern auch die Öffentlichkeit bzw. ein uns solidarisches Umfeld. Und dazu gehören unseres Erachtens keine geschlossenen Telegram- und Facebook-Gruppen, sondern frei zugängliche Medien, wie indymedia, endofroad oder das Autonome Blättchen. Es kann doch nicht darum gehen, nur Politik für sich oder die eigene Peer Group zu machen, sondern es sollte neben der Aktion auch darum gehen, solidarische Menschen (oder die, die es noch werden wollen) mit widerständigem Verhalten zu beflügeln und Diskurse in der Stadt loszutreten. Und dazu braucht es auch die unverfälschten Statements der Aktivist*innen und authentische Berichte in linken Medien. (Und damit meinen wir nicht die taz.)
Es geht es doch darum, sich Räume anzueigenen – und das darf nicht auf physische Räume beschränkt sein, sondern bedarf auch immer die Aneignung von geistigen Räumen und auch Diskursen.
Leider ist dieser Fall nur exemplarisch für einen strukturellen Missstand. Uns fallen hierzu leider zahlreiche Beispiele der jüngeren Vergangenheit ein.
Was geht beim Klimacamp? Bremen hat seit einigen Monaten ein Camp von Klimaatkivist*innen direkt zwischen Bürgerschaft und Rathaus: mitten in der Bremer City. Was geht bei euch?
Unserer Wahrnehmung nach findet in Bremen kein öffentlich wahrnehmbarer radikaler Klimadiskurs in unseren Medien statt.
Von migrantischen Kämpfen erfahren wir immer nur über Gespräche an unseren WG-Küchentischen oder weil in der Kita mal wieder irgendwer, irgendwas, irgendwann auf Twitter gesehen hat (sich aber auch nicht mehr genau daran erinnern kann).
Uns ist klar, dass reger Informationsaustausch stattfindet – sei es in WGs, über Gruppenchats, interne Mailinglisten oder Social Media. Seit Jahren nehmen wir ein zunehmendes Abtauchen von linken Medien (und damit meinen wir nicht die taz) in die Bedeutungslosigkeit wahr. Wir fragen uns dabei: Was sind eigentlich linke Medien und was sollten sie uns Wert sein? Warum werden sie immer weniger genutzt? Bremen hat noch nicht einmal mehr eine linke Szene-Zeitung. Wie kann das sein? Wie kann es sein, dass ganz oft die Deutungshoheit über Geschehenes den Cops und dem Weser Kurier überlassen wird – schlicht, weil es keine sichtbare Gegenöffentlichkeit gibt.

Wir würden uns sehr über eine Debatte (vornehmlich in zeckigen Medien oder, unserentwegen auch gerne in der taz) über den Sinn und Unsinn von Kommunikation und linken Medien freuen.

Für mehr besetzte Häuser in Bremen-Horn (ohne morsche Fußböden)!
Für mehr besetzte Marktplätze!

Die drei vonner Würstchenbude
(und damit meinen wir nicht die taz).

1 thought on “Über den Sinn und Unsinn von Kommunikation

  1. Hey „!“, du hast den Text scheinbar anders verstanden als ich.
    Den Dreien geht es doch gar nicht um eine Szenezeitung. Zumal das letzte autonome Zeitungsprojekt in Bremen doch genau an dem von den Dreien beschriebenen Medien-/Konsumverhalten gescheitert ist. Das kann man z. B. hier nach lesen: http://endofroad.blogsport.de/2016/02/15/larage-2/ Deshalb wäre es doch Unfug, in genau der gleichen Situation, von der die LaRage geschrieben hat und die die Drei ebenfalls beschreiben, ein Zeitungsprojekt zu starten. Abgesehen davon gibt es doch auch immer noch Zeitungsprojekte – nur nicht in Bremen. Vielleicht weißt du das ja nicht. Abdr auch die kann mensch mit Texten fütternn.
    Hier geht es um den Gebrauch von Medien und darum, dass offenbar kein Austausch mehr, selbst innerhalb der radikalen Linken, stattfindet.
    Genau darüber hat endofroad doch auch vor einigen Jahren geschrieben: http://endofroad.blogsport.de/2018/01/24/dont-hate-the-media-be-the-media-2/ Und auch der Infoladen hat darunter zu knabbern.

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