Vortragsveranstaltung mit Daniel Poensgen
Donnerstag, 26. November 2020 | 19 Uhr | online
Die Veranstaltung findet nicht in der Buchte, sondern online über BigBlueButton statt. Wenn ihr den Zugangslink haben möchtet, meldet euch kurz unter buero(et)die-buchte.de
In den vergangenen Monaten machten bundesweit stattfindende Proteste gegen die Corona-Maßnahmen Schlagzeilen. An diesen beteiligten sich zahlreiche Protestierende, welche sich die derzeitige Krise mit Hilfe von Verschwörungsmythen erklären. So findet beispielsweise seit einigen Monaten der Verschwörungsmythos „QAnon“ auch in Deutschland immer mehr Anhänger_innen. Diese gehen davon aus, dass Donald Trump derzeit gegen einen einflussreichen Staat im Staate, ein internationales Netzwerk von Pädophilen kämpfe. Doch es bleibt nicht nur bei solchen potentiell oder tatsächlich antisemitischen Verschwörungsmythen. Bei zahlreichen Demonstrationen finden antisemitische Selbstviktimisierungen statt: Demonstrierende tragen sogenannte „Judensterne“ und vergleichen die derzeitige Politik mit der Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden in der Schoa. Zwischen Mitte März und Mitte Juni 2020 erfasste der Bundesverband RIAS 123 Demonstrationen, bei denen es zu antisemitischen Äußerungen kam. Diese Entwicklungen werfen unter anderem die Frage auf, ob es bei antisemitischen Äußerungen auf Demonstrationen bleibt, oder ob sich im Rahmen der Covid-19 Pandemie insgesamt eine antisemitische Dynamik entwickelt hat.
Dabei ist die weite Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen kein neues Phänomen. Rund in einem Viertel der Vorfälle, die beispielsweise RIAS Berlin 2019 erfasst hat, spielten antisemitischen Steretoype von einer geheimen politischen oder ökonomischen Macht von Jüdinnen_Juden eine besondere Rolle. Diese Stereotype finden sich in allen politischen Milieus – von der extremen Rechten bis zur politischen Mitte. Der Glaube an antisemitische Verschwörungsmythen hilft Täter_innen, selbst extreme Gewalt zu legitimieren: Sowohl der Attentäter des rechtsextremen Terroranschlag an Jom Kippur 2018 auf eine Synagoge in Halle als auch Tobias R., der im Februar 2019 aus rassistischen Motiven neun Personen und später seine Mutter in Hanau erschoss, beriefen sich in veröffentlichten Pamphleten auf den Verschwörungsmythos „QAnon“.
Der Vortrag beleuchtet auf Basis erfasster antisemitischer Vorfälle und dem Monitoring von Demonstrationen die Entwicklung antisemitischer Vorfälle während der Corona-Pandemie in Deutschland und bettet sie und insbesondere antisemitische Verschwörungsmythen in längerfristige Entwicklungen ein. Was macht antisemitische Verschwörungsmythen für ihre Anhänger_innen so attraktiv? Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf die Perspektive von Jüdinnen und Juden, die RIAS BK seit 2017 in mehreren Studien zu ihrer Wahrnehmung von Antisemitismus in Deutschland befragt hat.
Daniel Poensgen ist wissenschaftlicher Referent beim Bundesverband RIAS.
Alle weiteren Veranstaltungen der Aktionswochen gegen Antisemitimus in Bremen findet ihr unter www.aktionswochen.online.