kopiert aus dem Weser Kurier
Gebäude und Fahrzeuge von Bremens Polizei waren 2020 vermehrt das Ziel von Anschlägen. Die Täter blieben in der Regel unbekannt. Mit einer Ausnahme.
Die Zahl der Anschläge auf Gebäude und Fahrzeuge der Polizei ist 2020 gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen. Die Polizei nennt 26 Vorfälle, die sie unter „politisch motiviert“ einsortiert. Das waren vier mehr als in den fünf Jahren zuvor zusammen. Das Spektrum der Vorfälle reichte von Schmierereien an Hauswänden bis zu schwerer Brandstiftung. Mit einer Ausnahme konnte keine der Taten aufgeklärt werden. In der entsprechenden Statistik der Polizei taucht stets das Kürzel „UT“ auf – „Unbekannte Täter“.
Einer der folgenschwersten Brandanschläge wurde im Januar auf den Eingang des Polizeireviers Steintor verübt. Holztür und steinerne Hauswand wurden stark beschädigt, Fensterscheiben zerbrachen, das Revier war tagelang nicht nutzbar.
Zunächst blieb es bei dieser Attacke. Im Februar wurde zwar ein Fahrzeug der Bundespolizei am Hauptbahnhof mit einem Antifa-Schriftzug in roter Farbe besprüht, ansonsten gab es aber mehrere Monate lang keine weiteren Anschläge.
Im Mai warfen Unbekannte mit einer Waschbetonplatte die Fensterscheibe des Polizeireviers Findorff ein. Fortan mehrten sich die Vorfälle: Fliesenkleber im Eingangsbereich des Polizeireviers Neustadt, eine schwarze, klebrige Masse an der Fassade des Polizeireviers Gröpelingen, ein Antifa-Aufkleber auf einer Funkstreife und eine Delle in der Tür des Fahrzeugs …
Es folgten eingeworfene Scheiben und Eingangstüren – am Gebäude des Polizeireviers Obervieland, bei der Gewerkschaft der Polizei, am Polizeirevier Steintor und gleich zweimal am Revier Findorff. Im Oktober schließlich der Brandanschlag auf ein Polizeifahrzeug an der Innenstadtwache, der allein Kosten von rund 40.000 Euro verursachte. Als „Vorbereitungshandlung“ verbuchte die Polizei den Fund eines fertigen Molotowcocktails nebst einer Spiritusflasche und zwei weiteren Tüchern, die unweit des Polizeireviers Steintor gefunden wurden.
In Sommer und Herbst registrierte die Polizei zudem immer wieder Botschaften, die an ihre Gebäude gepinselt oder gesprüht wurden. Die Buchstaben- oder auch Zahlenkombination ACAB / 1312 (All Cops Are Bastards / Alle Polizisten sind Bastarde), sozusagen der „Klassiker“ unter den Beschimpfungen. Aber es gab auch die Variante „Alle Polizisten sind Ziele“, die Schriftzüge „Mörder“ und „Niemand muss Bulle werden“ sowie, unter Verwendung von Kunstblut, die Aufschrift „Blut an Euren Händen – Polizei abschaffen“.
Und wie 2020 endete, ging es 2021 weiter: Das neue Jahr ist noch keine Woche alt, schon stehen die nächsten Sachbeschädigungen zu Buche: „1312“ und andere Beschimpfungen an der Fassade des Polizeigebäudes in der Feuerkuhle und am Präventionszentrum der Polizei.
Der einzige Fahndungserfolg gelang der Polizei im November, als sie zwei junge Frauen festnehmen konnte, die mehrere mit Farbe gefüllte Christbaumkugeln gegen das Revier in Schwachhausen geworfen hatten. Bei einer Wohnungsdurchsuchung entdeckte sie anschließend polizeifeindliche Schriften und beschlagnahmte „weitere Beweismittel“. Das Duo wurde nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen entlassen. Nur eine Woche später bewarfen Täter erneut das Polizeirevier mit farbgefüllten Christbaumkugeln. Diesmal wurden zwei Wohnungen von drei Verdächtigen durchsucht. Laut Polizei wurden erneut Beweismittel sichergestellt.
Selbst eine Polizeiautowippe auf einem Spielplatz im Bürgerpark diente als Ziel. Das Blaulicht des Spielzeugs wurde abgesägt, die Wippe mit schwarzer Farbe besprüht. Im Internet tauchte hierzu unter dem Titel „Mehr Kugeln für die Cops“ sogar ein Bekennerschreiben auf.
Zum Stand der Ermittlungen äußert sich die Polizei nicht und verweist auf laufende Ermittlungen. Sie scheint aber von unterschiedlichen Tätergruppen auszugehen. „Unsere Erkenntnisse und Arbeitshypothesen zeigen ein differenziertes Bild“, erklärt Polizeisprecher Nils Matthiesen. „Die kriminelle Energie für die Begehung von Brandanschlägen ist sicherlich größer als bei ‚einfacheren‘ Sachbeschädigungen.“
Nach möglichen Ursachen für den Anstieg der Vorfälle befragt, nennt Matthiesen zum einen internationale Themen mit Bezug zur Polizei, zum Beispiel die Berichte über den in den USA von Polizisten umgebrachten George Floyd. Zum anderen könnten aber auch lokale Ereignisse wie die tödlichen Schüsse der Polizei auf einen Mann in Gröpelingen im vergangenen Sommer Motive für die Täter sein.
Als „Legitimation“ für Straftaten in Bremen und in anderen Städten seien 2020 auch die Räumung des besetzten Hauses in der Berliner Liebigstraße („Liebig 34“) sowie das Gerichtsurteil gegen drei Beschuldigte im Zusammenhang mit den Ausschreitungen beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg („Die Drei von der Parkbank“) hinzugekommen. „Oft werden polizeiliche Maßnahmen, insbesondere mit Bezug zur linksextremistischen Szene, als Gründe für Straftaten gegen die Polizei angeführt.“
Quelle: weser-kurier.de