„Rund 500 Teilnehmer bei Demo gegen Rechts“

kopiert aus dem Weser Kurier

Ein breites Bündnis protestiert am Samstag in Bremen gegen Nationalismus und fordert mehr Seenotrettung im Mittelmeer. Auf dem Marktplatz traf die Demonstration auf eine Versammlung rechter Aktivisten.


Ein breites Bündnis setzt sich am Hauptbahnhof Bremen in Bewegung.

„Oh nein, schade, ich war zu spät.“ Das Bedauern des Briten, der sich am Sonnabend nachmittags gegen 16 Uhr bei einem der Polizeibeamten auf dem Marktplatz eine kurze Zusammenfassung des eben Geschehenen holte, war hörbar. Der Mann hatte in der Tat einiges verpasst, und zwar eine Aufführung der Choreografie, die es oft gibt, wenn Rechte und Linke in Form von Demonstrationen und die Polizei aufeinandertreffen.

Gut 500 Menschen waren mittags am Hauptbahnhof aufgebrochen, um für Solidarität mit Flüchtlingen auf dem Mittelmeer und gegen Nationalismus zu demonstrieren. Initiiert hatte den Marsch durchs Viertel in Richtung Domshof das Bremer Bündnis gegen Rechts, die in den vergangenen Wochen gegründete deutschlandweite Initiative „Seebrücke“ schloss sich an. Anlass für die Demo war eine weitere Ausgabe des sogenannten Frauenmarsches, der ab 14 Uhr vom Marktplatz aus in Richtung Viertel ziehen wollte.

Dazu aufgerufen hatte Sybill Constance de Buer, die als Mann geboren wurde, sich aber als Frau sieht – und die man eigentlich schon allein der Genderfrage wegen eher im linken als einem rechtsnahen politischen Spektrum verortet hätte. De Buer jedenfalls macht das nicht zum ersten Mal, es war ungefähr die achte Demo im Rahmen der AfD-nahen deutschlandweiten Initiative „Kandel ist überall“, die sie in und um Bremen angemeldet hat. Jede dieser Demos bisher war von linkem Protest begleitet worden, so viel wie am Sonnabend aber gab es bisher noch nicht.

„Was ist das denn, ein Überbleibsel der Weltmeisterschaft?“

Am Sonnabend um 14 Uhr erschienen waren am Treffpunkt neben dem Eingang zur Böttcherstraße: Frau de Buer, vier Frauen und ein Mann, später stießen noch fünf weitere Teilnehmer zu dem Häuflein um einen Autoanhänger, neben dem ein Mast mit Deutschlandflaggen und der in rechten Kreisen populären Stauffenbergfahne aufgebaut war. Als Beginn einer Kundgebung mit anschließender Demo jedenfalls waren sie für die meisten Unbeteiligten nicht zu erkennen. „Was ist das denn, ein Überbleibsel der Weltmeisterschaft?“, wunderte sich angesichts der Deutschlandfarben zum Beispiel eine Gruppe Touristen aus Köln.

Elf gegen 500, das war das Zahlenverhältnis, als die Gegendemo um kurz nach 14 Uhr den Domshof erreicht hatte. Und natürlich beließen es die meisten nicht dabei, sich nach dem Abschluss-Statement an die Anweisungen der Polizei zu halten und dem Frauenmarsch nicht zu nahe zu kommen. „Wir müssen Ihr Verhalten als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz werten. Bitte entfernen Sie sich, wir ergreifen sonst polizeiliche Maßnahmen“: Sechs Durchsagen dieser Art verstrichen, ohne dass ihnen irgendjemand Folge geleistet hätte.

150 Beamte schirmten Frauenmarsch ab

Im Gegenteil: Die Gegendemonstranten rückten immer näher an den Frauenmarsch heran, sie skandierten unter anderem „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here“ (auf Deutsch: „Sagt es laut, sagt es klar, Geflüchtete sind hier willkommen“). Die Polizei, inzwischen mit etwa 150 Beamten in voller Montur auf dem Markt präsent, schirmte den Frauenmarsch in Zweierreihen ab, was nicht ohne einiges Gerangel abging. Demonstranten schubsten, die Polizisten schubsten zurück, mindestens eine Frau wurde abgeführt. Die Einsatzleitung diskutierte derweil den besten Zeitpunkt einer Räumung, eine Samba-Gruppe trommelte vor der Bürgerschaft in ihrem Samba-Rhythmus und die Gäste im Außenbereich des Restaurants 1783 bestellten seelenruhig noch ein paar Weizen. „Das ist alles zu viel für meine Nerven“, seufzte eine ältere Passantin, um sich dann einen Platz zu suchen, der ihr eine noch bessere Sicht auf die Dinge bot.

Gegen 14:45 Uhr machte die Polizei Anstalten, den Platz zu räumen, die meisten der Gegendemonstranten wichen dann aber auch freiwillig ein großes Stück zurück. Inzwischen hatte de Buer zur Erleichterung wohl der meisten Anwesenden beschlossen, „mangels Teilnehmern“ auf den Weg durchs Viertel zu verzichten. Stattdessen verstauten die Frauenmarschierer langsam, sehr langsam und unter dem Applaus der Leute ihre Fahnen und alles andere in einem VW-Kombi mit – ausgerechnet – einem Hannover-96-Logo und fuhren geschützt von einer Kette aus Polizei-Gruppenwagen davon. Verletzt wurde übrigens niemand.

Quelle: weser-kurier.de

siehe auch
Weser Kurier – Polizei Bremen ermittelt nach Demonstrationen
buten & binnen – Polizei ermittelt nach Demonstration gegen Rassismus
Weser Report – Auseinandersetzungen auf Demo gegen Rechts

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