Hetze gegen neues Polizeigesetz

Unbekannte haben illegal mehrere Haltestellen in der Bremer Neustadt plakatiert und machen gegen die Novellierung des Polizeigesetzes mobil.

„Bullenpeitsche“ – schon der Titel des Plakats lässt vermuten, dass sich der folgende Text gegen die Polizei richtet. Am Donnerstag sind in der Neustadt Plakate aufgetaucht, auf denen Unbekannte eine Novellierung des Polizeigesetzes verurteilen und indirekt zu Gewalt aufrufen. Auch das Urteil im NSU-Prozess wird kritisiert. Die „Wandzeitung gegen das neue Polizeigesetz“ klebt derzeit an mehreren Haltestellenhäuschen – unter anderem im Buntentorsteinweg. Darin werden nicht nur die beteiligten Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft für ihre Politik angegriffen, am Ende fordern die Urheber des Textes auch aktiven Widerstand der Bevölkerung. Unter anderem heißt es dort: „Was wir brauchen, ist unkontrollierte Bewegung, die sich die Straße und die Mittel nimmt, die sie braucht, ohne um Erlaubnis zu bitten“.  


Wer die Verfasser dieses Aufrufes sind, und wo die Plakate noch überall in der Stadt kleben, ist momentan noch unklar. Die Urheber bleiben anonym. Bei der Polizei war die Aktion bisher unbemerkt geblieben. Auf Nachfrage des WESER-KURIER sah sich die Pressestelle am Donnerstag nicht in der Lage, eine Einschätzung abzugeben, was den Verfassern des Textes nun droht und ob der Staatsschutz Ermittlungen eingeleitet hat. Auch in der Innenbehörde wollte man die Plakate nicht kommentieren. 
Seit Monaten gibt es Ärger um das neue Polizeigesetz
Die Fraktionen der Bürgerschaft zeigen sich indes schockiert über die Aktivisten. „Die Verfasser lassen an ihrer Verachtung gegenüber dem Staat, Politikern und Polizeibeamten keinen Zweifel“, sagt Wilhelm Hinners, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Eine solche Haltung ist aus unserer Sicht brandgefährlich, solche Hetze darf nicht ohne Konsequenz bleiben. Wir gehen daher davon aus, dass der Staatsschutz Ermittlungen aufnimmt.“

Wie berichtet, gab es in Bremen in den vergangenen Monaten viel Ärger um ein neues Polizeigesetz. Die rot-grüne Regierung wollte das Gesetz an drei Stellen überarbeiten: bei der Überwachung der Telekommunikation, bei der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und beim Einsatz von elektronischen Fußfesseln. Die Innenbehörde legte im Januar einen Entwurf vor und stimmte ihn anschließend mit beiden Regierungsfraktionen ab. Doch im April bremsten die Grünen diesen Plan aus. Zuletzt hatte die CDU-Fraktion Ende Juni einen eigenen Entwurf vorgestellt, der sich größtenteils an der Vorlage der Innenbehörde orientiert – an einigen Stellen geht er darüber hinaus.

Den Verfassern des Textes gehen jedoch alle bisherigen Konzepte zur Novellierung zu weit: „Was hier durchgesetzt werden soll, ist eher ein Gesetz für den permanenten Ausnahmezustand, als eines für Sicherheit und Freiheit“, schreiben sie. Auch bei der rot-grünen Koalition sorgen die Zeilen für Kritik. „Angesichts der veränderten Bedrohungslage halten wir eine Reform des Polizeigesetzes, wie der Innensenator sie vorgeschlagen hat, für notwendig“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sükrü Senkal. „Unabhängig davon finden wir das Bild, das hier von der Polizei gezeichnet wird, schockierend.“ Dass hier ein Aufruf zur Gewalt mindestens angedeutet werde, sei inakzeptabel. „Offenbar verkennen die Verfasser die Aufgabe der Polizei in einem Rechtsstaat“, sagt auch Björn Fecker von den Grünen. 
Die Freien Demokraten stehen in der politischen Debatte dem neuen Polizeigesetz eigentlich kritisch gegenüber. Sie fordern unter anderem, dass bei der Telekomunikations- und der Videoüberwachung die Freiheitsrechte der Bürger geachtet werden. „Wir brauchen allerdings einen Diskurs im Rahmen gesellschaftlicher Realitäten und nicht auf Grund einer linken Farce“, sagt FDP-Politiker Peter Zenner. 

Ähnlich sehen das auch die Linken. Sie lehnen den staatlichen Eingriff in Computersysteme und Smartphones grundsätzlich ab. „Dieser anarchistische Szenejargon auf dem Plakat trägt nicht dazu bei, dass sich breitere Teile der Gesellschaft kritisch mit dem fortschreitenden Abbau von Grundrechten durch verschärfte Sicherheitsgesetze auseinandersetzen. Wir wünschen uns hingegen einen breit getragenen zivilgesellschaftlichen Protest gegen solch eine Überwachungspolitik, wie es ihn beispielsweise in Düsseldorf gegeben hat“, sagt Fraktionssprecher Tim Ruland auf Nachfrage. Mehrere Tausend Menschen hatten Anfang Juli in Düsseldorf gegen das geplante neue Polizeigesetz für Nordrhein-Westfalen demonstriert.
Ob es bei der einen Plakataktion in Bremen bleibt, ist fraglich. Das wie eine Zeitungsseite anmutende Papier lässt Raum für Spekulationen: ein Hinweis am oberen rechten Rand des Plakats deutet darauf hin, dass es sich um die erste Ausgabe der „Bullenpeitsche“ handelt und weitere folgen könnten.

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