Protest bei der Seenotleitung Bremen

Am 25.04. haben Rhythms of Resistance, Seebrücke Bremen und Alarm Phone Bremen gemeinsam vor der Seenotleitung Bremen protestiert.
Anlass war die vorgeschobenen Machtlosigkeit der Seenotleitung am Oster-Wochenende. Es gibt jetzt ein Video dazu: https://vimeo.com/411965309

Es folgt ein bei der Aktion verlesener Redebeitrag:

Am Oster-Wochenende wurde die Seenotleitung Bremen über mindestens vier Boote in Seenot informiert. Die Seenotleitung hätte aktiv werden können, um diese mehr als 250 Menschenleben, die zu dem Zeitpunkt auf dem Spiel standen, zu retten. Sie entschied sich aber für das Unterlassen jeglicher Hilfe und für das Vorschieben angeblicher Verantwortlichkeit an anderer Stelle. Das war eure Entscheidung, Seenotretter Bremen! Wären für euch alle Leben gleich viel Wert, dann hättet ihr gehandelt!
Mindestens 12 Menschen verloren an dem Wochenende ihr Leben, tagelang wurden Notrufe ignoriert, auch von euch in der Seenotleitung in Bremen!
Malta hatte am Donnerstag, den 9.April verkündet, Menschen auf der Flucht würden nicht mehr aus Seenot gerettet und die Häfen seien geschlossen. Nun befanden sich aber seit Freitag Boote in maltesischen Gewässern. Ihr Notruf wurde über das Alarm Phone an die Seenotleitung in Malta weitergeleitet. Malta blieb inaktiv. Keine Rettung wurde eingeleitet. Wenn Malta offensichtlich seiner Pflicht zur Rettung nicht nachkommt, können dann andere informierte Seenotleitungen noch an Malta verweisen, ohne sich selbst der unterlassenen Hilfeleistung schuldig zu machen? Wir wissen, dass die Handlungsmöglichkeiten aus Bremen heraus begrenzt sind. Schnellstmöglich losfahren und Leben retten, was die einzig richtige Reaktion gewesen wäre, geht von hier aus nicht. Alles andere in der eigenen Macht stehende zu tun, wäre der nächste Schritt.
Sicherstellen, dass von Malta eine Rettung koordiniert wird. Im Zweifelsfall Druck ausüben. Das hätte eure Reaktion sein müssen, wenn diese 250 Leben für euch einen Wert gehabt hätten! Ihr könnt aktiv mit uns diese Stadt zu einer solidarischen Stadt machen. Zu einer Stadt, die sich für ein gerechtes Leben für alle einsetzt. Stattdessen versucht ihr euer Nicht-Handeln zu rechtfertigen mit Erklärungen, die viele Fragen offen lassen: In einem am 13.4 erschienenen Statement erklärt ihr, die Bremer Seenotleitung, unter anderem, dass die zuständige Rettungsleitstelle bei einem Notruf von euch informiert werden würde.
Das Alarm Phone hat euch über Notfälle informiert, habt ihr diese an Malta weitergeleitet? Wenn dem so ist, dann legt eure Kommunikation mit der Seenotleitung Malta offen, wir wollen sehen, ob ihr euch versichert habt, dass Malta Kenntnisse hat und reagiert! Ihr behauptet, Malta hätte mit einem Sammelanruf alle Schiffe in der Umgebung auf die Notfälle aufmerksam gemacht. Legt uns diesen Sammelanruf vor, den Malta abgesetzt haben soll. Und wir meinen nicht den von Montag, 30 Stunden nachdem das Alarm Phone und sogar Frontex auf die Boote in Seenot hingewiesen haben!
Weiterhin erklärt ihr in dem Statement, dass es die Dienstanweisung nicht geben würde, mit der ihr euch aber noch am Wochenende aus jeglicher Verantwortung entbunden habt. Das Alarm Phone hat euch angerufen, und in einem aufgezeichnetem Telefonat habt ihr euch aus jedweder Verantwortung entzogen, indem ihr euch auf ebenjene Dienstanweisung berufen habt. Diese besagt laut euch, dass das MRCC alle Mails über Notfälle an das Auswärtige Amt weiterleiten soll und eben jenes Amt entscheidet, was getan wird oder nicht. Dass ihr nun in eurem Statement behauptet, dass es diese Dienstanweisung nicht gebe, lässt uns an eurer Glaubwürdigkeit zweifeln. Wir empfinden dieses Statement als nicht ausreichend und es lässt uns auch daran zweifeln, dass euch die Hände gebunden sind! Wir sagen: Was fehlt, ist der Wille! Wenn es hier Handlungsspielräume gibt, können diese zugunsten der Rettung oder dem Sterben-Lassen von Menschen ausgelegt werden. Wir fordern von den Bremer Seenotretter*innen, sich für das Überleben ALLER zu entscheiden, und hierfür mit einer klaren Position einzustehen. Während die Stadt Bremen seit langem behauptet, eine solidarische Stadt, ja ein sicherer Hafen zu sein, zeigen sich die Bremer Seenotretter*innen nun am unsolidarischsten Ende dieser Kette. Reihen sich ein mit all den politischen Akteur*innen, die sich seit vielen Jahren für das Sterben von Tausenden im Mittelmeer mitverantwortlich machen. Ihr, die Seenotleitung Bremen, behauptet, euer Handeln sei unpolitisch. Nein, liebe Seenotretter: Das bewusste Ertrinken-Lassen von Menschen ist niemals unpolitisch. Es ist ein ganz aktiver Teil der rassistischen Abschottungspolitik!Was auch immer es mit dieser Dienstanweisung auf sich hatte, das Auswärtige Amt hat euch an diesem Tage nicht das solidarische Handeln untersagt. Das habt ihr selbst getan und jegliche Verantwortung der Seenotleitung Malta überlassen. Ein Akteur, welcher sich in der Vergangenheit schon in unzähligen Fällen der unterlassenen Hilfe und der Verzögerung von Rettung schuldig gemacht hat. Die Vorkommnisse am Oster-Wochenende liefern außerdem Beweise für eine sehr enge Komplizenschaft zwischen Malta und Libyen. Libyen ist ein Ort der permanenten Folter, Versklavung, Vergewaltigung. Der Premierminister, die militärische Führung und die Crew eines Patrouillenbootes befinden sich gerade auf der Anklagebank wegen ihres Verhaltens am Osterwochenende. Seenotretter Bremen, sind euch diese Sachverhalte bekannt? Wollt ihr euch hieran beteiligen, oder wollt ihr Teil einer Stadt und einer Gesellschaft sein, die sich gegen derartige Verbrechen und für die Menschlichkeit (oder das was davon noch übrig geblieben ist) einsetzt? Wir fordern euch hiermit auf, in zukünftigen Fällen eurer Verantwortung gerecht zu werden.
Denkt daran, dass Menschen den katastrophalen Zuständen in Libyen weiter entfliehen werden und dass der einzige Weg für die meisten über das Mittelmeer führt, daran besteht kein Zweifel. Wenn die zuständigen Stellen vor Ort nicht auf Hilferufe reagieren, wenn Menschen willentlich dem ertrinken und verdursten überlassen werden oder in dubiosen Deals zurückgeführt werden, was werdet ihr tun? Es steht in eurer Macht, dies nicht länger zuzulassen! Ihr seid eine Seenotleitung undunabhängig von der Nationalität eines Menschen ist es eure Pflicht, Menschen in Seenot zu retten und nicht einfach die Zuständigkeit an das Auswärtige Amt zu schieben! Es steht in eurer Macht, dass Bremen zu einem sichereren Hafen werden kann. Nun liegt es an euch, euch dafür zu entscheiden!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.