kopiert aus dem Weser Kurier
Kleiner Etat, viel Gegenwind: Trotz widriger Umstände will die Bremer AfD in den nächsten Monaten einen erfolgreichen Wahlkampf bestreiten. Kern der Strategie ist eine intensive Haustürkampagne.
Was ist Bremen für die AfD? Frank Magnitz lässt sich ein wenig Zeit für die Antwort, dann findet er ein stimmiges Bild. „Bremen ist für die AfD ein schwieriges Pflaster“, sagt der Landesvorsitzende der Rechtsaußenpartei.
In der Tat. Im kleinsten Bundesland hat die Alternative für Deutschland bisher nicht viel gerissen. Bei der Bürgerschaftswahl 2015 zog sie ins Landesparlament ein, zerlegte sich danach aber gleich wieder. Von den damals vier Abgeordneten wandten sich drei von der Partei ab, und der einzige verbliebene Mandatsträger Alexander Tassis fiel bei der Parteiführung in Ungnade, sodass er heute keine Rolle mehr spielt. Schlagzeilen machte der Landesverband eigentlich nur durch innerparteiliche Querelen und zuletzt durch Probleme mit seinem vom Verfassungsschutz beobachteten Jugendverband.
Abhaken, meint Magnitz. Wenn am 26. Mai eine neue Bürgerschaft gewählt wird, soll die AfD dort in Fraktionsstärke einziehen und im zweiten Anlauf zu einer schlagkräftigen Opposition heranreifen. Über die Zusammensetzung der Liste wird eine Aufstellungsversammlung in der zweiten Januarhälfte entscheiden. Wie aber kann auf dem „schwierigen Pflaster“ ein erfolgreicher Wahlkampf geführt werden?
Sozialstruktur in Bremen anders als im Osten
Von seiner Sozialstruktur her ist Bremen so ziemlich das Gegenteil der ostdeutschen Flächenländer, in denen die AfD zurzeit einen Höhenflug erlebt. Hinzu kommt die Besonderheit, dass die AfD im rechten Spektrum Konkurrenz hat – die Bürger in Wut, die ebenfalls um Sitze in der nächsten Bürgerschaft kämpfen. Als Hemmschuh empfindet Magnitz zudem die Präsenz einer starken linksautonomen Szene, die teils militant gegen öffentliche Aktivitäten der AfD vorgeht. Die Vegesacker Strandlust etwa vermietet keine Räume mehr an die Partei, nachdem dort in den vergangenen Jahren mehrfach Hunderte Antifa-Aktivisten gegen Veranstaltungen der AfD Front gemacht hatten.
Frank Magnitz setzt vor diesem Hintergrund insbesondere auf einen intensiven Haustür-Wahlkampf, für den er den harten Kern der rund 170 Bremer Parteimitglieder mobilisieren will. „Sicherlich weniger in Findorff, Schwachhausen oder im Viertel, da ist für uns wenig zu holen“, wie der Landeschef ahnt. Konzentrieren werde man die Aktivitäten in Gröpelingen und Walle, in Huchting, Hemelingen und der Vahr sowie in Teilen Bremen-Nords.
Also in jenen städtischen Gebieten, in denen Migration die soziale Zusammensetzung stark verändert hat und wo entsprechendes Protestpotenzial in Teilen der deutschen Bevölkerung vermutet werden kann. Dieses Potenzial zu heben, ist erklärtes Ziel der AfD. Magnitz kündigt außerdem publicitywirksame „Einzelaktionen“ in der Innenstadt an. Was man sich darunter vorstellen muss, lässt er offen.
Wahlkampf mit begrenzten finanziellen Mitteln
Auf die professionelle Unterstützung durch eine PR-Agentur will die Bremer AfD verzichten. Sie muss es auch, denn der Landesverband ist finanziell ziemlich schwach auf der Brust. Mit Müh und Not wird sich ein mittlerer fünfstelliger Etat zusammenkratzen lassen, aufgestockt durch ein Darlehen der Bundespartei. „Wir reden also von einer handgestrickten Kampagne, die wir hier führen müssen“, sagt der Landesvorsitzende. Ein Team aus vier örtlichen Aktivisten soll den Wahlkampf an die Haustüren tragen und – via soziale Netzwerke – auch über diese Schwelle hinweg.
Inhaltlich soll auf bekannt-bewährte AfD-Positionen gesetzt werden, also auch auf bundespolitische Themen wie „ungezügelte Migration“ und die währungspolitischen Risiken durch den Euro. Landespolitisch hofft die Partei vor allem auf den Feldern Innere Sicherheit, Verkehr und Bildung zu punkten. Bremen brauche „wohnortbezogene Polizeireviere mit Beamten, die sich in ihrem Umfeld auskennen“, fordert Magnitz. Die Zahl der Polizisten müsse von derzeit rund 2500 auf „mindestens 3000“ gesteigert werden. In der Verkehrspolitik will sich die AfD von der „extremen Fokussierung aufs Fahrrad“ abgrenzen, von der sich der Senat leiten lasse.
Als Alternative – wie es im Parteinamen schon anklingt – hofft die AfD auch in der Bildungspolitik wahrgenommen zu werden. Magnitz will Kapital schlagen aus dem in Teilen der Elternschaft vorhandenen Verdruss über die praktische Umsetzung der Inklusion. „Dieses Experiment muss beendet werden. Wir müssen zurück zu den Förderschulen, weil nur dort eine umfassende Förderung von behinderten Kindern möglich ist“, formuliert der Landesvorsitzende die Position seiner Partei.
AfD will Bürger in Wut abhängen
Ganz ähnlich könnte man das von den Bürgern in Wut (BIW) hören, die aus demselben Wählerreservoir schöpfen. Diese lästige Konkurrenz hofft die AfD im kommenden Wahlkampf endgültig abzuhängen. Dabei soll der Verweis auf jüngste Erosionserscheinungen im BIW-Lager helfen. Wie berichtet, hatte es von dort zuletzt Übertritte zur AfD gegeben, auch von Mandatsträgern. „Die BIW ist ein Auslaufmodell, das kann sich jeder ausrechnen“, gibt sich Frank Magnitz überzeugt. Wer am 26. Mai sein Kreuz bei der Wählervereinigung mache, verschenke seine Stimme.
Den rechten Rand in Bremen zu monopolisieren, ist das Nahziel der AfD. Von dort aus will sie weiter vorstoßen in die Mitte der Gesellschaft. Die jüngste personelle Weichenstellung der Bundes-CDU begrüßt Magnitz ausdrücklich. Die neue Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer stehe „für ein eindeutiges Weiter so“ im Stile Angela Merkels. Das sei schlecht für die CDU und gut für seine Partei, ist der AfD-Landeschef überzeugt.
Quelle: Weser Kurier