Update: Parkbankprozess & Brief eines Gefangenen

Wie möchte euch an dieser Stelle den Blog zum Prozess gegen die drei von der Parkbank ans Herz legen.

Dort werden die Protokolle der Verhandlungen und die Prozesstermin hochgeladen.

Mittlerweile gibt es auch die ersten Interessanten Details zum Ausmaß der Überwachung durch die Bullen. Dazu wurde am Montag den 20.1.2020 offenbar, dass das Libertäre Zentrum (LIZ) in der Karolinenstraße, der Infoladen Schwarzmarkt und die Wohnanschrift unter der fadenscheinigen Begründung der „Gefahrenabwehr“ überwacht wurden. Außerdem wurden Telekommunikationsüberwachung und GPS-Ortung eingesetzt. Die „Gefahr“ wird dabei mit Zitaten aus dem Verfassungsschutzbericht von 2017 über „Linksradikale“, die Vorstandsmitgliedschaft eines Angeklagten im eingetragenen Vereins des LIZ, damit das er einen Schlüssel zum Infoladen Schwarzmarkt habe und „international bestens vernetzt“ sei begründet. Eine Begründung konkrete Quelle für einen Zusammenhang mit Militanz bleibt jedoch aus. Es bleibt außerdem unklar, woher diese Informationen kommen sollen. Das LIZ wird in Zusammenhang mit der Organisierung für eine militante Aktion gebracht, wobei in den Unterlagen sogar wörtlich steht, dass gegen den Observierten „kein konkreter Tatverdacht“ bestehe“. Das die Überwachung illegal und gesetzteswiedrig war, ist für die Staatsanwaltschaft jedoch überhaupt kein Problem „Ich habe es nicht geprüft, darauf kommt es auch nicht an“. Soviel zur Leichtfertigkeit von Überwachungsmaßnahmen – nicht das wir vom Staat jemals etwas anderes erwartet hätten!

Nun möchten wir den Brief eines der Gefangenen mit euch teilen und damit einen kleinen Beitrag leisten, um mit der staatlichen Isolation zu brechen. Schreibt auch weiterhin Briefe, kommt zu den Prozessen, zeigt euch Solidarisch!

„Liebe Freund*innen und Mitstreiter*innen,

ich wünsche euch ein schönes neues Jahr.
Ich hoffe ihr seid wie ich, gut rein gekommen.
Hier im Knast war die Silvester-Kundgebung großes Thema und ist gut angekommen. auch wenn ich leider nichts davon mitbekommen habe, bin ich beim Anblick schönen Feuerwerks und in Vorfreude auf und in Gedanken an euch ins neue Jahr gerutscht.

Ich sende euch eine Rezension einer guten Graphic-Novel, auf deutsch ist das Buch bei Bahoe erschienen, auf englisch glaube ich bei AK Press.
Also ihr Lieben, ich sende Grüße an alle und hoffe wir sehen uns bald wieder.
Freiheit & Glück!

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Rezension: „Simón Radowitzky – Vom Schtetl zum Freiheitskämpfer“

Die deutschsprachige anarchistische Literatur ist leider recht begrenzt. Das wird spätestens deutlich, wenn man eine italienische, französische oder spanische Bibliothek betritt. Eine Konsequenz dieser begrenzten Auswahl ist ein sehr lückenhaftes Wissen über anarchistische und revolutionäre Geschichte und somit ein Fehlen relevanter Ereignisse und Debatten, auch für die zeitgenössischen Analysen und Kämpfe. So ist beispielsweise das Schicksal von Sacco und Vanzetti und die weltweite Solidarität mit ihnen auch im deutschsprachigen Raum vielen bekannt. Wenn auch meist aus einer sehr linken Perspektive, in der die beiden von der US-Justiz ermordeten italienischen Migranten als unschuldige Opfer und nicht als revolutionäre Anarchisten, die sie waren, dargestellt werden. Hingegen ist ein anderes Kapitel internationaler Solidarität hier weitestgehend unbekannt. Dafür sind allerdings nicht nur sprachliche Barrieren der Grund. Die Solidarität mit dem Anarchisten Simón Radowitzky war auch sehr stark und wurde in vielen Ländern auf die Straße getragen. Allerdings war es in seinem Fall nicht möglich, ihn als unschuldiges Justiz-Opfer zu instrumentalisieren. Er hatte 1909 Ramón Lorenzo Falcón, den berüchtigten General, der in Argentinien blutig Arbeiter*innen-Streiks und Demonstrationen niederschlagen ließ, mit einer Bombe ermordet.
Aufgrund seines jungen Alters konnte er nicht hingerichtet werden, sondern saß viele Jahre in Feuerland im Knast. Er hatte sich als Jude, der die antisemitischen Progrome der Kosaken im Zarenreich überlebt hatte, revolutionären Anarchist*innen angeschlossen und floh nach der Revolution 1905 nach Argentinien.
Seine Tat und Gefangenschaft bewegte viele, selbst gegen die Herrschaft zu kämpfen. So führten z.B. Severino di Giovanni und seine Mitstreiter*innen viele Angriffe für die Freiheit Radowitzkys durch, aber auch an vielen anderen Orten der Welt ließen Anarchist*innen das Dynamit in Solidarität sprechen. Nach einer spektukulären, aber leider gescheiterten Flucht durch die Wildnis Feuerlands, verließ Simón Radowitzky den südamerikanischen Kontinent und kämpfte in Spanien gegen den Faschismus. Er landete, wie so viele Revolutionär*innen, in einem französchischen Gefangenenlager. 1956 starb er in Mexiko.
Seit einigen Jahren gibt es nun eine sehr lesenswerte Graphic-Novel über sein Leben. Mittlerweile wurde Augustín Comottos Buch aus dem Spanischen auf Englisch und Deutsch übersetzt. Erfreulich ist, dass es sich nicht nur künstlerisch sehr lohnt, sondern auch inhaltlich und historisch genau ist. Auch zeigt der Autor eine Nähe zur anarchistischen Bewegung und Idee. So hat z.B. der britische Anarchist Stuart Christie ein Vorwort für das Buch geschrieben. Bis heute wirkt die Geschichte Simón Radowitzkys. Im Herbst 2018 wurde eine Anarchist*in bei dem Versuch, Falcóns Grab zu sprengen, schwer verletzt. Ihre und die Festnahmen weiterer Menschen im Zuge des Repressions-Schlages wurden, wie wir es von anderen Orten kennen, wenige Wochen vor dem G-20-Gipfel in Buenos Aires medial ausgeschlachtet.“

2 thoughts on “Update: Parkbankprozess & Brief eines Gefangenen

  1. Ergänzung:
    Im Text steht, eine Maßnahme sei damit begründet worden,“das er einen Schlüssel zum Schwarzmarkt habe“
    Das klingt als solle er im Darknet mit Drogen gehandelt haben oder sonstwas. Der „Schwarzmarkt“ ist allerdings ein Infoladen in Hamburg, das sollte man schon dazu schreiben, ich denke selbst in HH wissen das doch deutlich weniger Personen als von der Verhandlung jetzt mitbekommen.

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