Wir laden alle, die Wut im Bauch haben und sich staatlicher Repression stellen wollen, zum Tag1) nach Leipzig ein. An diesem Tag wollen wir auf der Straße Stärke zeigen und unsere Ideen verteidigen. Und bekanntlich ist die beste Verteidigung der Angriff.
Nach den vergangenen Angriffen in Leipzig, u.a. auf einige Baustellen und die Verantwortliche eines Luxusimmobilien-Projekts in Connewitz, wurden von staatlicher Seite Überlegungen und Forderungen laut, gegen de.indymedia.org polizeilich vorzugehen. (1) Das Bekenner*innenschreiben, in dem die Verantwortung für den Angriff auf die Immobilienmarklerin übernommen wird, wurde daraufhin von der Plattform gelöscht. Im weiteren Verlauf möchten wir näher die Ursachen der neulichen Verbotsandrohung erläutern, warum wir es wichtig finden dazu angemessen zu reagieren und alle dazu anregen, den Tag2) zu einem Tag des Widerstands zu machen. Ohne einen kleinen Rückblick auf den Verbot von linksunten.indymedia.org und die Reaktionen der Bewegung darauf, wäre eine umfassendere Betrachtung nicht möglich.
Der geringe Widerstand gegen das Verbot von linksunten war ein Zeichen der Schwäche. Gerade das militante Milieu hätte angemessen reagieren müssen, war die Seite doch die wichtigste Verbreitungsplattform für ihre Aktionen und Erklärungen. Der Moment wurde verpasst, an dem wir hätten zeigen können, dass das Innenministerium die Sperrung unserer Plattform nicht ohne erhebliche Konsequenzen vollziehen kann. Sicherlich haben sich die für linksunten verantwortlich gemachten Genoss*innen auch mehr Solidarität gewünscht. Die Verantwortung für die Verbreitung unserer Ideen und Taten kann nur dann genommen werden, wenn sich die Gefährt*innen unserer Unterstützung sicher sein können. Zur Zensur durch den Staat kommt nun die Eigenzensur duch de.indymedia.org, welche das Konzept linksradikaler Plattformen torpediert, indem sie vor möglicher Repression kapituliert. Das können wir nicht gutheißen und fordern eine Stellungnahme von de.indymdia.org.
2017 war der Aufstand gegen die G20 der Anlass für den staatlichen Angriff. Jetzt scheint für den Staat wieder eine Grenze überschritten zu sein und ein neuer Angriff auf unsere Strukturen wird vorbereitet.
Ob der Angriff auf die Immobilienmarklerin sinnvoll ist oder nicht und ob sie das richtige Ziel war, wollen wir hier nicht bewerten. Was wir sagen können, ist, dass diese Aktion sich von anderen herkömmlichen Aktionen militanter Gruppen der letzten Jahre unterscheidet, auch wenn der ihr zugrunde liegende Gedanke kein neuer ist. Einzelne Personen zur Verantwortung zu ziehen, weil sie Unterdrückung und Ausbeutung aufrechterhalten, verteidigen oder weiterentwickeln, war lange Teil der Praxis revolutionärer Gruppen wie der RAF, Bewegung 2. Juni oder Rote Zora/Revolutionäre Zellen. Auch gab es in den 80er Jahren Kiezmilizen, die z.B. auch in Kreuzberg Politiker*innen tätlich angriffen.
Der Anschlag auf die Baukräne war seit längerer Zeit derjenige mit dem höchsten Sachschaden einer militanten Aktion. Es entstand ein Schaden von 15 – 20 Millionen Euro und das Bauvorhaben wurde um zwei Monate verzögert. Die Verantwortlichen der Aktion versicherten, dass sie keine Menschenleben gefährdet haben. Auch wenn die Maschinen versichert waren, wie die Bauherren von CG behaupten, so verkompliziert und verteuert eine Bauverzögerung das gesamte Projekt.
Beide Aktionen haben gemeinsam, dass sie die Schwelle vom Protest zum Widerstand überschritten haben. Sie haben Teile der Immobilienbranche jeweils empfindlich getroffen und auf eine Art und Weise direkt angegriffen, die so nicht vorhersehbar war. Dass Widerstand, sowie die daraus wie ein Naturgesetz folgenden Gegenreaktionen des Staates, nicht nur von bürgerlicher Seite, sondern auch von vielen sich als links verstehenden Leuten, nicht als wünschenswert empfunden werden, konnte man in den letzten Wochen in den (sozialen) Medien verfolgen. Teilweise wurde sogar soweit gegangen, den Genoss*innen vorzuwerfen, sie seien schuld an der anschließenden Repression. Dass diese Argumentation darauf zielt, letztlich nichts Offensives mehr gegen herrschende Ungerechtigkeitsverhältnisse zu tun, sollte eigentlich allen klar sein. Eine Haltung, die Angriffe auf die Herrschenden verurteilt, weil sie möglicherweise zu Repressionen gegen die Bewegung führt, lässt nicht nur außer Acht, dass diese Repression sowieso früher oder später kommt und sich nur den passenden Anlass sucht. Sie führt letztlich auch zu einem Sich-Einrichten in den Verhältnissen und zu einer befriedeten Situation.
Dennoch sollten die Aktionen kritisierbar bleiben und nach ihrer Wirkung analysiert werden.
Der mediale Schrei hallt bis heute nach. Artikel mit der Überschrift „Baubranche in Angst“ oder absurde Vergleiche mit der RAF dominierten die Schlagzeilen. Der Freistaat Sachsen antwortete mit der Aufstockung und Umbennenung der „GEG-LE“ (Gemeinsame Ermittlungsgruppe – Linksextremismus) zur „Soko LinX“. Es wurde zur Hetzjagd geblasen; die linke Szene und das militane Spektrum insbesondere in Leipzig sollen zerschlagen werden. Es wurden Kopfgelder ausgesetzt in Höhe von insgesamt 160.000 Euro (2)- die Angriffe auf Knastbauunternehmen, die von dem entstehenden Riesengefängnis in Zwickau profitieren, wurden ebenfalls mit einbezogen. Die Bullenpräsenz in Connewitz ist in die Höhe geschossen und verdachtsunabhängige Kontrollen und Schikanen sind mittlerweile an der Tagesordnung. Die großen Bauherren trafen sich ebenfalls und verkündeten ein eigenes Sicherheitskonzept, um ihre Mitarbeiter*innen zu schützen. Dann kamen die Rufe de.indymedia.org zu verbieten.
Wenn wir all dem Gerede in den Medien Glauben schenken wollen, haben diese Aktionen eine Grenze überschritten. Vielleicht war es die Grenze, ab der sich die Herren und Besitzerinnen der Stadt tatsächlich von uns angegriffen fühlen und um ihre Prokjekte fürchten. Wäre dies der Fall, so hieße das: Sobald wir Aktionen mit einem effektiven Schaden durchführen und den Rahmen üblicher militanter Propaganda verlassen, sobald die Mächtigen sich bedroht und direkt angegriffen fühlen, müssen wir die Zensur durch den Staat fürchten. Der geringe Widerstand gegen das Verbot von linksunten erleichtert dabei die Überlegung des Staates, unsere Seiten zu schließen, wann immer sie es wollen. Im Hinblick auf de.indymedia.org sehen wir deshalb die Dringlichkeit uns mit allen Mitteln dagegen zu wehren und uns gegenseitig zu stützen. Der Widerstand gegen die Repression muss auf die Ebene gehoben werden, an der es die empfindliche Stellen des Staates trifft.
Eine Möglichkeit das alle gemeinsam zu tun sehen wir am 25.01.2020. Wir laden alle, die Wut im Bauch haben und sich staatlicher Repression stellen wollen, zum Tag3) nach Leipzig ein. An diesem Tag wollen wir auf der Straße Stärke zeigen und unsere Ideen verteidigen. Und bekanntlich ist die beste Verteidigung der Angriff.
Ps.: Unterstützt die Mobilisierung! Verbreitet den Tag4) in eure Städten, ladet die Plakatdatei weiter unten herunter, druckt sie aus und plakatiert sie. Anmerkung dazu: Nach dem linksunten Verbot würde dieses Plakat verfassungswidrige Abbildungen darstellen (das indymedia „i“ in Kombination mit „linksunten.indymedia.org“). Seid deshalb etwas vorsichtiger bei der Verbreitung und beim Plakatieren. Für einen autonomen Widerstand!
(1) https://www.mdr.de/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/indymedia-bekennerschreiben-anschlaege-faq-100.html
(2) https://www.lvz.de/Region/Mitteldeutschland/Soko-LinX-Weitere-Belohnungen-nach-Angriffen-auf-Sachsens-Baubranche